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Straub - Landgraf, Klitzpera, Sichone, Blank - Plaßhenrich,
Rolfes, Fiel (66. Bruns) - Pinto (89. Paulus),
Michalke (85. Brinkmann), Meijer
(Nicht - Stehle, Noll, Scharping / Hecking) |
Sylva - Angbwa, Tavlaridis, Schmitz, Tafforeau (17. Vitakic) -
Makoun, Bodmer, Landrin (77. Audel), Acimovic (77. Dernis),
Brunel - Moussilou
(Malicki - Debuchy, Plestan, Dumont / Puel) |
Nachdem das erste UEFA-Cup-Heimspiel der Alemannia durch das klare
Hinspielergebnis auf Island nicht das Highlight war, das man sich erhofft
hatte, sollte es im ersten Gruppenspiel gegen den OSC Lille nun richtig
losgehen. Einige Hindernisse auf dem Weg zu einem Fußballfest gab es
allerdings auch hier. Zum einen war da wie schon gegen Hafnarfjördur
das kürzlich modernisierte Müngersdorfer Stadion bzw. die
Rhein-Energy-Kampfbahn, Chipsfrisch-Arena oder wie auch immer sich diese
merkwürdige Konstruktion nennen mag, zwischen deren Betonpfeilern und
Glastüren man
sich ähnlich heimisch fühlt wie Lukas Podolski an einer
Universität. Zum zweiten drückte die frühe Anstoßzeit
von 18:15 Uhr die Zuschauerzahl auf 20352, weniger als gegen
Hafnarfjördur. Schließlich waren da noch die omnipräsenten
Ordner und ihre ständigen Aufforderungen, nicht hier zu stehen, nicht
dort zu stehen, sich auf seinen Platz zu setzen usw. Trotz dieser
Widrigkeiten trat spätestens beim Einlaufen der Mannschaften
eine starke Gänsehaut zum Vorschein.
Die favorisierten Gäste zeigten in den ersten Minuten, dass sie nicht
zufällig auf Platz Zwei in der französischen Liga stehen. Durch
geschicktes Zweikampfverhalten wurden viele Aachener Angriffe im Ansatz
unterbunden, und bei Aachener Fehlern ging es sehr schnell gefährlich
in Richtung Tor von Stephan Straub. Zum Glück spielte unsere
Mannschaft trotz offensichtlicher Anfangsnervosität sehr
konzentriert und hatte nach drei Minuten die erste Chance des Spiels. Ein
langer Einwurf von Willi Landgraf landete bei Kai Michalke, der aus spitzem
Winkel knapp verzog. Auf der anderen Seite sorgte ein Freistoß von
Philippe Brunel aus 18 Metern für Zittern und Nägelkauen bei den
Alemannia-Fans. Aufregung gab es nach zwölf Minuten, als Stefan Blank
nach der ersten Aachener Ecke wenige Meter vor dem Tor den Ball nicht traf
und dabei von Mathieu Bodmer am Trikot gehalten wurde. Eine knappe halbe
Stunde war gespielt, als Erik Meijer nach Hereingabe von Kai Michalke so
gerade noch am Torschuss gehindert werden konnte. Wenig später leistete
sich Torwart Sylva bei einem hohen Ball von Willi Landgraf einen Ausflug
bis zum Sechzehner, den Stefan Blank beinahe mit einem Heber ins leere Tor
bestraft hätte. Die beste Szene in der ersten Halbzeit hatte die
Alemannia nach 39 Minuten. Erik Meijer legte eine Flanke von Simon Rolfes ab
auf Cristian Fiel, der den Ball in aussichtsreicher Position versuchte
anzunehmen und nicht richtig unter Kontrolle bekam. Drei Minuten später
hatten dann auch die Franzosen ihre Großchance. Der auf Abseits
spielende Alexander Klitzpera
verfehlte einen schnellen Steilpass der Gäste, und Matt Moussilou
lief über links auf das Aachener Tor zu. Ein Haken nach innen,
eigentlich alles richtig gemacht, aber der Fuß des
zurückgeeilten Moses Sichone rettete den bereits geschlagenen Stephan
Straub.
Eine Halbzeit hatte die Alemannia nun schon schadlos überstanden, und
nach der gezeigten Leistung schien sogar mehr drin zu sein. Drei Minuten nach
dem Wechsel wäre um ein Haar die Führung gefallen. Erik Meijer
köpfte eine Ecke von Sergio Pinto aufs kurze Eck, das von
einem französischen Verteidiger
abgedeckt wurde. Der bekam den Ball gegen den Arm, aber der Elfmeterpfiff
blieb aus. Das Spiel blieb weiter ausgeglichen bis zur 67. Minute. Der oft
unsicher wirkende Torwart Sylva faustete eine Freistoßflanke von Kai
Michalke in die Mitte auf Willi Landgraf, der den Ball über die Abwehr
hob. Kurz vor der Außenlinie erreichte Simon Rolfes den Ball und hob
ihn artistisch in Richtung langer Pfosten, wo Erik Meijer volley zum 1:0
einschoss. Was folgte, war der geilste Torpogo, an den ich mich erinnern
kann. Am Ende fehlten zwar einige Sitzschalen, aber wenigstens ist niemand in
den Graben gefallen. Nun waren noch 25 Minuten Zittern angesagt, die einem
vorkamen wie Stunden. Drei Minuten nach der Führung rutschte einem bei
einem Gestochere im Aachener Strafraum nach einem Freistoß das Herz in
die Unterhose. Auf der anderen Seite hätte auch ein Freistoß die
Erlösung bringen können. Stefan Blank hämmerte den Ball aus
30 Metern in die linke Ecke. Tony Sylva hatte große Mühe mit dem
Ball, und im Nachschuss traf Moses Sichone den Ball nicht richtig. Etwas
später übersah der Schiedsrichter eine Tätlichkeit von Jean
Makoun, der sich vom klammernden Erik Meijer losreißen wollte. Vier
Minuten vor dem Ende verfehlte Stefan Blank mit einem weiteren Freistoß
das linke Eck nur um Zentimeter. Dramatisch die Nachspielzeit: Eine von
zahlreichen Flanken wurde zum Fünfmeterraum verlängert, wo Straub,
Klitzpera und Tavlaridis zusammenprallten. Der Ball wurde von Reiner
Plaßhenrich zum Einwurf geklärt, aber der Abpfiff ließ immer
noch auf sich warten. Der Einwurf wurde nur kurz geklärt, und per
Rückzieher beförderte ein Franzose den Ball in den Fünfer, wo
Matt Moussilou aus drei Metern zum Kopfball kam. Zur Erleichterung aller
flog der Ball am langen Pfosten vorbei, und endlich kam der ersehnte
Abpfiff.
Die Alemannia hatte den Favoriten nicht nur geschlagen, sondern wie schon
gegen Bayern ganz stark gespielt und verdient gewonnen. So guten
Fußball wie zur Zeit habe ich noch nie eine Alemannia-Mannschaft spielen
sehen - keine zehn Jahre nach trostlosen Angelegenheiten wie
dieser hier oder dieser
hier (an die höchstens Dieter Hecking gute Erinnerungen haben
dürfte). Der Mannschaft ist im Moment alles zuzutrauen, und man kann nicht
mehr ausschließen, dass sie es fertigbringen wird, auch noch die
nächste Runde zu erreichen. Aber wer soll diese ganzen Flüge noch
bezahlen?