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Grefen - Margref, Schiermoch (55. T. Maaßen), Bestler - Walker, Reucher,
Roch (3. Kolczak (Torwart)), John, Kempkens - Gensler (65. Ebersbach), Badur
(Trainer: Grabotin) |
Hesse - Mathes, Bediako, Marso (32. Gülez) - Schäfer,
D. Maaßen (60. El Hammouchi), Rosin (86. Gunesch), Retterath,
Morton - Tümmler, Iddi
(Trainer: Dooley) |
Das erste Oberligaspiel des neuen Jahres war gleich ein besonderes - für
die Mannschaft, weil man wieder einmal gegen den Tabellenführer spielte,
und für die Fans, weil man noch die Vorkommnisse beim Testspiel im Sommer
(siehe Spielbericht von damals) im Kopf hatte. Zwei
vollbesetzte Busse mit je 50 Leuten waren unterwegs. Bevor man das Stadion
betrat, zeigten sich die meisten Aachener höflich und begrüßten
erst einmal die ca. 20 bis 30 Velberter bzw. Essener an der Tankstelle.
Nachdem man ihnen freundlich zugewunken hatte und das eine oder andere
Ständchen zum besten gegeben hatte, wurde man auch schon wieder von der
Polizei zurück zum Stadion begleitet. Dort gingen wir zunächst die
Zaunfahnen an die Wellenbrecher auf der Geraden hängen, genau dahin, wo
beim Testspiel die Asozialen unter den Velbertern gestanden hatten. Bitten der
Polizei, doch lieber woanders hinzugehen, wurden eher achselzuckend zur Kenntis
genommen, schließlich galt die Eintrittskarte für das gesamte Stadion -
zumindest stand nichts gegenteiliges drauf, und es waren auch keine
Blöcke abgetrennt. Noch vor dem Anpfiff sahen wir von weitem einiges
Geschrei und Gerenne im Eingangsbereich - scheinbar war der Velbert-Mob
eingetroffen.
Danach galt aber zumindest meine Aufmerksamkeit erst einmal dem Fußball.
Bei Aachen kam neben Torwart Hesse auch Daniel Rosin zu seinem ersten
Oberligaeinsatz. Nach seiner langen Verletzung gilt es für ihn, bei den
Amateuren Spielpraxis zu sammeln. Auch Edwin Bediako, der wie Rosin beim
Profispiel tags zuvor eingewechselt worden war, stand in der Anfangsformation.
Ralph Gunesch, in der Woche noch beim Testspiel für die A-Jugend aktiv,
nahm ebenso wie der noch leicht angeschlagene Ali Gülez zunächst
auf der Bank Platz.
Gerade mal zwei Minuten waren gespielt, als Stefan Tümmler beinahe einen
zu kurzen Rückpass auf den Velberter Torhüter erlaufen hätte.
Der Torwart kam zwar gerade noch vor Tümmler an den Ball, aber der
Abpraller landete bei Kris Morton. Dessen Nachschuss wurde vom
herausstürzenden Torwart abgewehrt, allerdings mit der Hand und nach
Ansicht des Schiedsrichters außerhalb des Strafraums. Die folgende
rote Karte sorgte natürlich für einige Aufregung auf dem Spielfeld.
Wie der Zufall es will, rannte genau in diesem Moment ein mit einem
Gürtel bewaffneter Velberter auf den Platz. Er wollte nicht etwa den
Schiedsrichter mit dem Gürtel schlagen, sondern war vor irgendetwas
auf der Flucht. In einigen Zeitungen wurde behauptet, Aachener hätten
das Spielfeld gestürmt, um einen Spielabbruch zu provozieren, aber
das trifft die Sachlage eher weniger. Während der Velberter seine
Flucht über die Laufbahn und zurück auf die
Tribüne fortsetzte und dabei einen Becher Bier in den Nacken bekam,
wurde das Spiel für fünf Minuten unterbrochen.
Das Spiel wurde mit Freistoß für Aachen fortgesetzt. Eddie Bediako
zielte dabei genau in die Arme des eingewechselten Velberter
Ersatztorhüters. In der Folgezeit wirkte unsere Elf verunsichert, sei es
durch die unerwartete Überzahlsituation oder durch die Vorfälle
außerhalb des Spielfeldes. Jedenfalls ließ man es an der
beim Spiel 11 gegen 10 nötigen Aggressivität mangeln, und machte
den Gegner durch Fehler und Unkonzentriertheiten stark. Nach fünf
Minuten (Netto-)Spielzeit bot sich dem Tabellenführer nach Doppelfehler
von Rosin und Maaßen die erste Torchance. Eddie Bediako verhinderte
mit einem Foul die nächste Chance und hatte Glück, dass der
Schiedsrichter das Foul nicht als Verhindern einer klaren Torchance sah und
nur Gelb zeigte. Aus dem folgenden Freistoß resultierte aber schon das
1:0 für den Gastgeber. Ein Velberter wurde an der Strafraumgrenze nicht
energisch genug gestört und traf per Flachschuss den rechten
Innenpfosten, von dem der Ball unerreichbar für Hesse ins Tor sprang.
Damit war auch schon wieder genug des Fußballs. An allen möglichen
Orten außer auf dem Spielfeld wurde jetzt "Sport" getrieben.
Direkt vor meiner Nase boxten sich einige Leute, die ich noch nie vorher gesehen
hatte, etwas weiter waren wieder einige Velbert-Hools auf der Flucht, und in
der Nähe des Eingangs sollen sich Velberter mit Sprüngen über
die Biertheke oder über ein Tor aus dem Stadion heraus gerettet haben. Nicht nur die
Velberter hatten genug, sondern auch der Schiedsrichter, der die Mannschaften
in die Kabinen schickte. Während der Stadionsprecher verzweifelt die
Aachener Busfahrer ausrief (die sich wahrscheinlich eher in der nächsten
Kneipe als im Stadion aufhielten), bildete die Polizei zwei Ketten, die den
Großteil der Aachener Fans daran hinderten, sich vom Eingangsbereich
des Stadions zu entfernen. Immerhin hatten die meisten, als das Spiel nach
20 Minuten fortgesetzt wurde, noch die Möglichkeit, das Geschehen auf
dem Rasen zu verfolgen und bei gelegentlichen Anfeuerungsrufen für die
Mannschaft, die wir von unserem Standort bei den Fahnen anstimmten,
mitzumachen.
Auf dem Feld änderte sich "im zweiten Spieldrittel" wenig. Nur
eine Minute nach Wiederanpfiff wurde unser Keeper durch einen Volley-Aufsetzer
nach einer Velberter Ecke zu einer Glanzparade gezwungen. Fünf Minuten
später konnten sich drei Velberter gegen eine Überzahl Aachener
Abwehrspieler die nächste Chance erarbeiten, die wieder vom aufmerksamen
Hesse vereitelt wurde. Nach einer halben bzw. ganzen Stunde (wie man's nimmt)
wurden zwei Aachener auf der linken Abwehrseite wie Anfänger
stehengelassen. Der Ball wurde in die Mitte gepasst, wo sich ein Velberter
über einen am Boden liegenden Aachener fallen ließ. Die Zuschauer
forderten Elfmeter, aber der Schiedsrichter entschied zu Recht auf
Weiterspielen. Steven Dooley hatte für's erste genug gesehen und brachte Ali Gülez
für David Marso. Aachen wurde jetzt ein wenig stärker und ließ
bis zur Halbzeit wenigstens keine Chancen des Gegners mehr zu.
Die erste und dritte Halbzeit waren somit gelaufen, blieb noch die Hoffnung,
dass die Mannschaft dem Spiel in der zweiten Halbzeit noch eine Wende geben
könnte. Die meisten Aachener bekamen allerdings nichts mehr vom Spiel
mit, da die Polizei sie mittlerweile zwischen Kassenhäuschen und
Cafeteria eingekesselt hatte. Dabei verpassten sie, wie unsere Elf endlich
entschlossener und der Überzahl angemessen auftrat. Lohn war das 1:1
durch Kris Morton in der 53. Minute. Eine Flanke in den Velberter Strafraum
landete am langen Pfosten bei Morton, der den Ball aus spitzem Winkel unter
die Latte drosch. Es entwickelte sich nun ein offener Schlagabtausch. Velbert
musste jetzt offensiver spielen (schließlich lagen Wuppertal und
Sülz Amateure deutlich in Führung), Aachen hatte in Überzahl
Platz zum Kontern. Ein Distanzschuss von Bediako auf der einen und ein
Fallrückzieher auf der anderen Seite verfehlten ihr Ziel nur knapp. Dann
dezimierte sich unser Team wieder einmal selbst. Nach einem Foul von Bediako
ließ der Schiedsrichter zwar zunächst Vorteil laufen, zeigte aber
auf Hinweis des Linienrichters doch noch Gelb-Rot. Eine Minute dauerte es,
bis sich die nun nicht mehr in Unterzahl spielenden Velberter die erste
Chance erarbeitet hatten. Das konnte ja noch heiter werden...
Die zehn verbleibenden Aachener zeigten aber eine vorbildliche Moral. Bastian
Retterath schloss eine gelungene Kombination über Daniel Rosin und
Baba Iddi mit einem satten Schuss ab, der nur knapp über den Kasten strich.
Zwei Minuten später waren die Velberter zu weit aufgerückt, und
Baba Iddi nutzte den Platz zu einem 20m-Kracher in den Winkel. Die Sensation
schien greifbar nahe, aber in den letzten zehn Minuten wurde es noch einmal
verdammt eng. Velbert hatte Chancen im Minutentakt. Im Aachener Strafraum
wurde gewühlt und gestochert, dann strich ein Schuss Zentimeter am
Aachener Tor vorbei. Sechs Minuten vor dem Ende kam ein Velberter ganze
fünf Meter vor dem Tor völlig frei zum Schuss, traf den Ball aber
nicht richtig und verfehlte das Tor ebenso knapp wie ein Kopfball eine
Minute später. Zwei Minuten vor Schluss zielte ein Velberter bei einer
Direktabnahme zu hoch, dann konnte eine unübersichtliche Situation in
letzter Sekunde geklärt werden. In der Nachspielzeit landete ein Schuss
am Außenpfosten, dann musste Hesse noch einmal sein ganzes Können
aufbieten, um einen Schuss zur Ecke zu lenken, und auch der allerletzte
Versuch der Velberter blieb in der Aachener Abwehr hängen.
So blieb es beim 2:1-Auswärtssieg. Wie schon beim 4:2 gegen die Amateure
von Fusion Cöln hatten unsere Jungs mal eben den Tabellenführer
gestürzt, diesmal allerdings mit viel, viel Glück. Ich kann es bis
jetzt kaum glauben, dass wir die letzten zehn Minuten ohne Gegentor
überstanden haben. Bester Mann auf dem Platz war Torwart Hesse, tags
zuvor noch für die A-Jugend in Dortmund aktiv; eine
eher unglückliche Figur hingegen machte Daniel Rosin, der viel zu
zaghaft und ängstlich wirkte.
Nachdem wir noch schnell in der Cafeteria unserer Mannschaft die letzten
Stücke Kuchen vor der Nase weggeschnappt hatten, begab ich mich freiwillig
zwecks Rückfahrt in den Polizeikessel, im Nachhinein eine
nur mäßig gute Idee. Zuerst verzögerte sich die Abfahrt, da
noch ein Aachener in Polizeigewahrsam war, dann wurde trotz gegenteiliger
Bekundigungen der Polizei ein weiterer einfach stehengelassen.
Mit Blaulichtbegleitung ging es Richtung Aachen, wobei die Begleitung auf
einem Rastplatz irgendwo bei Neuss wechselte, ohne dass man zum Pinkeln oder
Rauchen aus dem Bus gelassen worden wäre. Die Rückfahrt verlief
dank Auswärtssieg und der Radioübertragung von den erfolglosen
Versuchen von 11 Cölnern, gegen 10 Bremer 1 Tor zu schießen, recht
lustig. Irgendwann überholte uns der Mannschaftsbus, aus dem uns die
Spieler zuwinkten, die offensichtlich Spaß hatten, und endlich bog der
Bus dann auch in die Krefelder Straße ein. Allerdings wurde nicht
etwa der Tivoli angesteuert, sondern das Polizeipräsidium. In einer
surreal anmutenden Szene mussten 100 Aachener, begleitet von vielfachem
Hundegebell, filmenden Bullen und einem auf Schnappschüsse lauernden
Pressemenschen einzeln aus den Bussen steigen, ihre Ausweise zeigen und sich
zum Teil durchsuchen lassen. Dumm für die, die keinen Ausweis
dabeihatten oder sowieso schon bei Polizei und Verein gut bekannt waren und
den Ärger hatten, nur weil sie im Bus gesessen hatten. Die scheinbare
geistige Armut einiger Herren in Grün ließ etwas anderes als
undifferenziertes Schwarz-Weiß-Denken nicht zu, und somit war klar,
dass ausnahmslos alle Businsassen der Kategorie C zuzuordnen waren. Irgendwann,
man hatte mittlerweile eifrig versichert, dass man weder den Geldkoffer noch
Osama Bin Laden versteckt hielt, wurde man grüppchenweise in die
Freiheit entlassen, nicht ohne noch ein Platzverbot ausgesprochen zu
bekommen. Ein Platzverbot für das Polizeipräsidium kann
natürlich im Zweifelsfall ganz nützlich sein ("aber Herr
Wachtmeister, sie können mich nicht mitnehmen, ich hab doch Hausverbot
bei Ihnen..."). So ging ein denkwürdiger Tag zu Ende. Unser
Fanbeauftragter wird sich vielleicht demnächst etwas wundern, wenn die Busunternehmer
beim Namen "Alemannia" einfach den Hörer auflegen, und der
eine oder andere wird seinem Chef oder seinen Eltern einige Radio- und
Zeitungsberichte erklären müssen, aber insgesamt hat das Spiel
(ich meine das Spiel selbst) für das beschissene Profi-Spiel am Samstag
mehr als entschädigt.
Zum Rest nur soviel: ich war da, um ein Fußballspiel zu sehen, und habe
dies ebenso ungehindert getan wie die Velberter Zuschauer, die auch nur für
Fußball da waren. Beim Testspiel im Sommer konnte ich nicht ungehindert
Fußball gucken, und genau die Velberter, die uns damals daran hindern
wollten, das Spiel zu sehen, waren diesmal die Gejagten. Ich will die
Vorkommnisse nicht beschönigen, aber es war meiner Ansicht nach weder so
übel, wie es in der Presse hingestellt wurde noch hat es den
übertriebenen Polizeieinsatz gerechtfertigt.