So, 23.05.04:
Karlsruher SC - ALEMANNIA 1:0 (1:0)
Fischer - Kies, Stoll, Eggimann, Dick - Hassa, Männer, Engelhardt, Trares (77. Rothenbach) - Saenko (87. Cetin), Casey
(Miller - Mann, Reule, Wojtala, Zepek / Köstner)
Straub - Paulus, Klitzpera, Mbwando, Blank - Grlic (46. Salou), Brinkmann (66. Michalke), Pflipsen, Fiel (56. Krontiris) - Meijer, Gomez
(Memmersheim - Landgraf, Lanzaat, van der Luer / Berger)

Zuschauer: 32000 (ca. 9000 aus Aachen)
Gelb: Casey - Blank, Gomez
Rot: Engelhardt (89.; grobes Foulspiel)

1:0 Casey (42.)













(Foto: Richard)







(Foto: Richard)











(Fotos: Richard)

Den ersten Matchball gegen Ahlen hatte die Alemannia vergeben, hatte aber Glück, dass ihr durch die anderen Ergebnisse ein zweiter geschenkt wurde. Mit einem Sieg beim Karlsruher SC wäre nach 34 Jahren die Rückkehr in die Bundesliga gelungen. Dementsprechend schlaflos waren die letzten Nächte vor dem Spiel für viele Fans. Vor zwei Jahren hatte man schon einmal ein entscheidendes Spiel gegen den Abstieg in Karlsruhe bestritten. Damals hatten rund 300 Fans ihre Mannschaft begleitet, dieses Mal waren es 8-9000. Wo man sonst alle 2 Stunden auf ein anderes Aachener Fahrzeug trifft, war die A61 an diesem Tag schon um 9 Uhr morgens fest in Aachener Hand. Ein Sitzplatzblock in der Kurve blieb den KSC-Fans vorbehalten, die das Stadion insgesamt, auch dank Werbeaktion und Freikarten, mit 32000 Besuchern gut gefüllt hatten. Obwohl es auch für Karlsruhe um alles ging, waren kaum Aggressionen zwischen den Fangruppen vorhanden, auch wenn der Stadionsprecher sein bestes tat, die Stimmung anzuheizen. Schlechtes Omen: Schiedsrichter war kein geringerer als Pokalheld Dr. Markus Merk.
Spannend wurde es erstmals, als auf der Anzeigetafel die Mannschaftsaufstellungen bekannt gegeben wurden. Nicht etwa wieder Quido Lanzaat, sondern erneut George Mbwando begann im Abwehrzentrum. Auch Willi Landgraf blieb draußen, für ihn spielte Frank Paulus auf der rechten Abwehrseite. Die Außenpositionen im Mittelfeld besetzten Dennis Brinkmann und Cristian Fiel, vorne stürmte Daniel Gomez neben Erik Meijer.
Ein Tor hätte zum Aufstieg reichen können, und nach fünf Minuten hätte es soweit sein können. Daniel Gomez nahm einen langen Ball von Ivica Grlic schön an und ließ Florian Dick ins Leere laufen. Somit bot sich Gomez aus 12 Metern halblinker Position die Chance, die Alemannia in Führung und vielleicht in die Bundesliga zu schießen, aber er setzte den Ball überhastet über die Latte. Nicht nur in dieser Szene war beiden Mannschaften die Nervosität deutlich anzumerken. Der KSC schien etwas besser mit dem Druck klarzukommen. Ivan Saenko bot sich nach einem Eckball die erste Chance für die Gastgeber. Die Alemannia trat keineswegs wie in einem Heimspiel auf, und das war es auch beim besten Willen nicht. Die meisten der zahlreich mitgereisten Aachener beschränkten sich auf den nervösen Blick aufs Spielfeld und bekamen nur selten die Schnauze auf. Für ein derart entscheidendes Spiel war das ein ganz schwacher und enttäuschender Support. Ähnlich enttäuschend das Geschehen auf dem Spielfeld, die Gastgeber wirkten entschlossener. Marco Engelhardt köpfte nach Flanke von Saenko am rechten Pfosten vorbei. Fünf Minuten vor der Pause hatte die Alemannia zum zweiten Mal die Chance, alles zum Guten zu wenden. Nach einem langen Einwurf von Stefan Blank wurde zunächst Daniel Gomez abgeblockt, und dann bot sich Frank Paulus aus zehn Metern die Chance, an die man wohl noch lange denken wird. Paulus traf den Ball nicht voll und verfehlte den langen Pfosten um mehr als fünf Meter. Wenig später ein schnell vorgetragener Konter des KSC. Christian Hassa bediente Thomas Kies auf der verwaisten linken Aachener Außenbahn. Kies kam frei zum Flanken, Jan Männer verlängerte per Kopf gegen den nur zuschauenden Alexander Klitzpera. Conor Casey nahm den Ball an, drehte sich, erwischte Karlheinz Pflipsen auf dem falschen Fuß und brachte den Ball zum 1:0 im kurzen Eck unter. Damit blieb erstmal der nervöse Griff zum Handy, und die Kunde von den anderen Plätzen war (wie kaum anders zu erwarten) verheerend bis hoffnungslos.
Was blieb, war die Hoffnung, dass die Alemannia änhlich wie in Oberhausen verwandelt aus der Kabine kommen würde. Allerdings gab es erst einmal die schlechte Nachricht, dass Ivica Grlic grippegeschwächt in der Kabine geblieben war; für ihn kam mit Bachirou Salou ein dritter Stürmer. Die Alemannia spielte in der Tat ein wenig engagierter als noch in der ersten Halbzeit, allerdings war der KSC ein ganz anderer Gegner als RWO vor zwei Wochen und ließ zunächst kaum Chancen zu. Im Gegenteil: Marco Engelhardt traf zum vermeintlichen 2:0, und die Alemannia hatte Glück, dass Jan Männer, der Stephan Straub die Sicht genommen hatte, im Abseits stand. Nun wurde es kurzzeitig etwas lauter in der Gästekurve, aber lange hielt das leider nicht an. Immerhin hatte Bachirou Salou nach Rückpass von Erik Meijer die erste Ausgleichschance, wurde aber von Marco Engelhardt entscheidend gestört. Zehn Minuten nach dem Wechsel kam mit Emmanuel Krontiris für Cristian Fiel der vierte Stürmer. Glück für die Alemannia, dass wenig später Markus Merk zwar auf eine plumpe Schauspieleinlage von Bernhard Trares hereinfiel, aber Daniel Gomez für die vermeintliche Tätlichkeit gegen Trares nur Gelb zeigte. Martin Stoll hätte nach Fehler von Stefan Blank alles klar machen können, aber die Alemannia blieb weiter im Spiel. 3:0 stand es mittlerweile für Mainz und Cottbus, und es war endgültig klar, dass man es nur noch aus eigener Kraft schaffen konnte. Die Zeit lief davon, und das Aufbäumen kam letztendlich zu spät. Mit Kai Michalke für Dennis Brinkmann wurde auch die letzte Offensivoption gezogen. Florian Dick warf sich im letzten Moment in einen Schuss von Karlheinz Pflipsen. Auf der anderen Seite überlief Conor Casey George Mbwando, scheiterte aber schließlich an Stephan Straub. Dann ließ Torwart Martin Fischer einen Schuss von Karlheinz Pflipsen abklatschen, aber Bachirou Salou sprang im Nachsetzen der Ball zu weit von der Brust. Auf der Gegenseite vergab Marco Engelhardt nach Vorlage von Ivan Saenko die Entscheidung. Fünf Minuten vor Schluss bediente Bachirou Salou, dessen Einwechslung neues Leben ins Spiel gebracht hatte, Emmanuel Krontiris, der gerade noch von hinten abgegrätscht wurde. Martin Fischer fischte den Abpraller aus der Ecke, dann brachte Kai Michalke den Ball noch einmal nach innen. Dank unsortierter KSC-Abwehr kam Bachirou Salou aus sieben Metern völlig frei zum Kopfball, setzte den Ball aber über die Latte. Wenn der drin gewesen wäre, dann wäre noch einmal alles möglich gewesen, aber so schwanden auch die letzten Hoffnungen. Bachirou Salou vergab auch die allerletzte gute Chance.
Ein Großaufgebot der Polizei verhinderte beim anschließenden Karlsruher Platzsturm unschöne Szenen wie gegen Bochum vor zwei Jahren. Einige Idioten, die Aufstiegsschals hergestellt hatten, mussten die für zwei Euro verramschen. Jede Menge betretene Gesichter gab es auf der Rückfahrt zu sehen, während in Mainz nach mehreren ähnlich verkorksten Saisonfinals gefeiert wird.
Die Alemannia hatte somit mit einer sehr mäßigen Rückrunde (22 Punkte aus 17 Spielen) als Herbstmeister (wie schon 1984/85) den Aufstieg verspielt. Bei beiden vergebenen Matchbällen muss ehrlich gesagt werden, dass ein Sieg mit etwas Glück möglich, aber nicht verdient gewesen wäre. Der Aufstieg wurde ganz woanders verspielt, so z.B. beim 2:3 beim Aufsteiger Mainz, wo man schon mit 2:0 geführt hatte. Damit beendet die Alemannia wie im Vorjahr die Saison als Sechster und fährt ohne jede Euphorie zum Pokalfinale nach Berlin. Neben dem am selben Tag klargemachten Aufstieg der Amateure mag es tröstend sein, dass einige wieder auf den Boden zurückgeholt werden: Man wird uns nicht überhastet das Stadion abreißen, und man wird vielleicht auch in Zukunft keine schmierigen Politiker auf Wahlplakaten mit schwarz-gelben Schals ertragen müssen. Dafür wird man es sportlich sehr schwer haben, mit Ivica Grlic wird zumindest einer der Schlüsselspieler die Mannschaft verlassen. Mit starker Konkurrenz aus Cottbus, Duisburg, Frankfurt, München und vom dritten Absteiger wird es ungleich schwerer werden, noch einmal um den Aufstieg mitzuspielen. Mit etwas Abstand sollte das unglückliche Finale aber nicht den Blick auf eine gute Saison, Pokalfinale und UEFA-Cup-Einzug verstellen - auch wenn es schwerfällt und wehtut.



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