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Auch die Oche * Hoppaz trauern um unseren Trainer Werner Fuchs, der am 11.5.1999 beim Waldlauf mit seiner Mannschaft unerwartet verstarb.
1984 wurde Werner Fuchs zum ersten Mal Trainer der Alemannia. Während seiner dreijährigen Amtszeit führte er, zur großen Überraschung der meisten Experten, eine junge Mannschaft ohne große Namen in die Spitzengruppe der 2. Bundesliga. Jahr für Jahr spielte die Alemannia um den Bundesliga-Aufstieg mit und scheiterte meist nur knapp. In der Saison 1984/85 wurde die Alemannia sogar Herbstmeister. Die Erfolge lösten in Aachen eine große Euphorie aus, die Leute strömten wieder in Scharen zum Tivoli. An die legendären Pokalschlachten dieser Zeit gegen Bochum, Gladbach, Duisburg, Schalke oder Bremen denkt man noch heute gerne zurück.
Jedoch waren es nicht seine Erfolge, die Werner Fuchs bei den Fans, der Mannschaft und im gesamten Umfeld so beliebt machten. Vielmehr war es seine warmherzige, lockere Art, die man an ihm liebte. Seine Mannschaft gab stets alles, ohne dass er dafür den harten Hund raushängen lassen musste. Bei Spielen konnte man gut beobachten, wie er den Fußball lebte. Waren die Fans mal eine Sekunde ruhig, konnte man stets die Anweisungen, aufmunternden Worte und, wenn nötig, auch schon mal einen saftigen Anschiss über den Tivoli schallen hören. Nach dem Spiel war Werner Fuchs meistens so heiser wie die meisten anderen Trainer es höchstens nach einer verpfuschten Kehlkopfoperation sind. Besonders gerne erinnert man sich an die Trainingseinheiten der Alemannia, die man als Kinder gerne besuchte. Werner Fuchs war immer freundlich und trieb seine Späße mit seinen jungen Fans. Bekannt war er für seine außergewöhnliche Fähigkeit, die Bälle zielgenau Zentimeter an den Köpfen seiner freiwilligen Balljungen vorbeizuschießen. Sah man gerade in die andere Richtung, konnte man sicher sein, dass einem bald ein Ball um die Ohren fliegen würde, und dass man, sobald man sich umdrehte, in das zwinkernd grinsende Gesicht von Werner Fuchs sehen würde.
1987 verließ Werner Fuchs den Tivoli. Es gab wohl kaum jemanden, der damals nicht traurig war, dass er ging. "Werner, Du darfst nicht gehen", sangen die Fans bei seinem letzten Heimspiel. Wir haben seitdem viele Trainer am Tivoli gesehen - teilweise auch durchaus gute und kompetente Trainer. Trainer, bei denen die bloße Nennung des Namens heute ausreicht, dass einige Leute schreiend das Zimmer verlassen, während andere sich in einer merkwürdigen Art der Nostalgie an Fanboykotte o.ä. erinnern. Andere Trainer, die solide arbeiteten, aber in schwierigen Situationen nie eine echte Chance hatten. Wir haben Trainer gesehen, die schnelle Erfolge feierten, riesige Begeisterungswellen lostraten, und nach wenigen Monaten einen gewaltigen Scherbenhaufen hinterließen. Nicht so Werner Fuchs, dessen kontinuierliche Arbeit immer langfristig Früchte trug.
1990 kehrte Werner Fuchs für ein Spiel auf den Tivoli zurück und feierte dort seinen bisher größten Triumph. Ein 1:1 reichte seiner Mannschaft Hertha BSC Berlin zum Aufstieg in die Bundesliga. Den Moment, als er beim Schlusspfiff jubelnd den Tivoli-Rasen stürmte, hat ihm wohl jeder gegönnt, auch wenn durch das Ergebnis die Hoffnung der Alemannia auf den Klassenerhalt gegen Null tendierte.
1996 dann, als die Alemannia sportlich wie finanziell wieder einmal neuen Tiefpunkten zustrebte, holte man Werner Fuchs an seine alte Wirkungsstätte zurück. Schnell traten ... keine Erfolge ein, denn Werner Fuchs hatte ein langfristiges Ziel vor Augen. Er gab jungen Spielern eine Chance, setzte sich viel mehr als seine Vorgänger für die Jugendarbeit ein und arbeitete so auf den Wiederaufstieg hin. Nach der 2:3-Heimniederlage gegen Paderborn Anfang 1999 schien man dieses Ziel um ein weiteres Jahr verschieben zu müssen, als mit dem 1:0-Auswärtssieg in Siegen eine unglaubliche Siegesserie begann. Mit endlosem Einsatzwillen von der Mannschaft, den Rängen und dem Trainer selbst wurden verlorengeglaubte Partien noch umgebogen, und starke, erfahrene Gegner niedergekämpft. Nach dem 1:0 gegen Preußen Münster und den Niederlagen der Konkurrenz war klar: nur ein Sieg aus den letzten drei Spielen, und die Alemannia ist wieder in der 2. Liga. Die Fans bereiteten sich auf das Auswärtsspiel in Erkenschwick vor, träumten bereits vom Gästeblock in Köln und Gladbach.
Wenige Tage vor dem Spiel wurden wir dann aus allen Träumen gerissen. Im Radio die Meldung "Werner Fuchs zusammengebrochen". Zittern, Bangen, wenig später die traurige Gewissheit: Werner Fuchs lebt nicht mehr. Die ganze Region war schockiert. Weinende Fans, Blumen und Kerzen vor der Geschäftsstelle. An das große Ziel, den Aufstieg, wollte niemand mehr denken, gleichzeitig war man sich einig, dass man das große Ziel von Werner Fuchs jetzt für ihn erreichen musste.
So fuhren 10000 Aachener sonntags nach Erkenschwick, mit Trauerbinden, einer riesigen Gedenkfahne, still und ohne jede Euphorie. Auffällig war ein nie zuvor gekannter Zusammenhalt unter allen Alemannen. Die Trauer vereinte, und gemeinsam wurde durch den 2:0-Sieg in Erkenschwick der Aufstieg perfekt gemacht. Unvergessen der Moment, als Stephan Lämmermann nach seinem Treffer zum 2:0 auf die Fahne mit dem Namen seines verstorbenen Trainers zulief und diese still umarmte. Beim Abpfiff einiger Jubel, aber noch mehr Tränen. Für die meisten war es das schlimmste Alemannia-Spiel, das sie je erlebt hatten.
Beim Trauergottesdienst wenige Tage später versammelten sich Tausende Fans auf dem Katschhof, um dem Trainer die letzte Ehre zu erweisen. Wiederrum wenige Tage später die Aufstiegsfeier nach dem Spiel gegen Wuppertal, bei der Marco Fuchs seinen Vater auf der Rathaustreppe vertrat und immer wieder ein Lied gesungen wurde: "Werner Fuchs, Du bist der beste Mann."
Diesem Lied ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Oche * Hoppaz