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C. Schmidt - Spanier, F. Schmidt (64. Grlic), Heeren -
Landgraf, Rauw, Zernicke, Zimmermann (46. Bayock),
Pflipsen (71. Ivanovic), Caillas - T. Diane
(Straub - Rudan, Hildmann, Lozanowski / Berger) |
Pröll - Zellweger, Cichon (85. Dziwior), Song, Keller -
Cullmann, Sinkala (76. Kreuz), Springer, Timm (69. Scherz),
Reich - Kurth
(Bade - Sichone, Balitsch, Lottner / Lienen) |
Nachdem man im letzten Jahr Bayer Leverkusen auf dem Tivoli empfangen hatte,
hoffte man bei der Auslosung zur zweiten DFB-Pokalrunde, erneut auf einen
großen Gegner zu treffen. Dazu kam es zwar leider nicht, aber immerhin
bescherte uns das Los ein Derby gegen den derzeit erfolgreichsten Cölner
Verein. Das ist im Moment nicht der VfL 99, der sogar bis in die Kreisklasse
abgerutscht ist und dessen traditionsreiches Stadion demnächst abgerissen
wird, sondern der Nachfolgeverein des mit dem Vorortclub Sülz 07
fusionierten Cölner Boys-Spiel-Club 1901. Aufgrund der chronischen
Erfolgslosigkeit der anderen Cölner Vereine stand dieser Fusionsverein in den
letzten Jahrzehnten zunehmend im Mittelpunkt des Cölner
Fußballinteresses, und in den 60er-Jahren versuchte der damalige
Präsident Franz Kremer mit seinen korrupten Machenschaften, auch die
Konkurrenz aus dem Grenzland auszuschalten und so weitere Zuschauer und
Käufer von Fanartikeln zu gewinnen. Nach dem Absturz der Alemannia in
die Drittklassigkeit schien dies mit einiger Verspätung auch gelungen zu sein; Aachener Zeitungsleser
wurden zunehmend mit Gesülze über Cöln und
Gladbach penetriert, und die Zahl der rot-weißen und grün-schwarzen
Autoaufkleber in Aachen nahm bedenkliche Ausmaße an. Nach dem
Wiederaufstieg der Alemannia besserte sich die Situation zwar, aber da die
Cölner zur Zeit mal wieder ein zweijähriges Intermezzo in der
Bundesliga absolvieren, finden sich bei einem Gastspiel von Cöln auch
heute noch genug Modefans in Aachen, die sich mit ihren rot-weißen
Schals aus ihren diversen Löchern trauen und ihre braun-gelben Dinger
aus den diversen Löchern ihrer Brüder und Schwestern entfernen, um
zum Tivoli zu stolzieren.
5000 von ihnen werden wohl unter den 22500 Besuchern auf dem ausverkauften
Tivoli gewesen sein. Viele davon mischten sich in den Aachener Blöcken
schamlos unter die Aachener Zuschauer, sogar im S-Block stank es ganz
widerlich nach Cölsch, so dass man sich ständig unbewusst umdrehte,
in der Befürchtung, irgendein kleines fauliges Etwas in den Hintern
geschoben zu bekommen. Die meisten Cölner hatten sich aber wie es sich
gehört in den dafür vorgesehenen Gehegen X, Z und A versammelt. Aus
der Ferne fiel dort vor allem die große Zahl hässlicher
Fischerhüte auf - scheinbar fällt man in Cöln trotz (oder
gerade wegen?) der Nähe zur Modestadt Düsseldorf auf jedes noch so
unsinnige Modediktat herein. Zum Einlaufen der Mannschaften hielten die
Sitzplatzbesucher von den "aktiven Alemanniafans" vorbereitete
Papptafeln hoch, die den Schriftzug "Aachen" und den Pokal ergaben.
Im S-Block wurde ein Spruchband entrollt, auf dem zu lesen war "Echte
Fründe stönn zusame", begleitet von einer Hochziehfahne, die
Geißbock Hennes zeigte, der von einem grün-schwarz beschalten Herrn
von hinten genommen wurde. Reichlich Wunderkerzen rundeten das Bild ab. Auf
Cölner Seite gab es lediglich jede Menge Rauch sowie einige Raketen und
aufs Spielfeld geworfene Bengalen. Die von einigen asozialen
Dummschwätzern angekündigten Aktionen zum Thema Werner Fuchs gab es
nicht. Der ordnungsgemäßen Durchführung des Spiels hätten
sie auch nicht gutgetan.
Bei Alemannia war Henri Heeren nach seiner Gelbsperre wieder dabei, dafür
nahm Ivica Grlic zunächst auf der Bank Platz. Aachen begann, wie in
Heimspielen gewohnt, druckvoll und holte nach wenigen Sekunden den ersten
Eckball heraus. Leider lief man den spielerisch starken Cölnern in der
Folgezeit ins offene Messer. Gerade mal fünf Minuten waren gespielt, als
Marco Zernicke an der linken Außenlinie den Ball verlor. Jens Keller
spielte den Ball auf Markus Kurth, der 16 Meter vor dem Tor von Willi Landgraf
gedeckt wurde. Wenn Landgraf ganz normal zwischen Gegner und Tor bleibt, ist
das eine relativ harmlose Situation. Ob Landgraf Kurth ins Abseits stellen
wollte oder ob er ihn im rot-weißen Trikot für einen Essener
Mannschaftskameraden hielt, weiß wohl nur er selbst, jedenfalls lief er
zwei Schritte dem Ball entgegen und ermöglichte seinem Gegenspieler so,
unbedrängt die Führung zu erzielen. Cöln nutzte jetzt
souverän seine spielerischen Vorteile, während Aachen mit Kampf
dagegenhielt. Mehr als zwei Distanzschüsse von Landgraf und Pflipsen
sprangen dabei allerdings nichts heraus. Man hatte sogar Glück, dass
nach einem Foul von Heeren an Timm nicht auf Elfmeter entschieden wurde.
Nach einer knappen halben Stunde
verlor Olivier Caillas kurz hinter der Mittellinie den Ball. Thomas Cichon
spielte schnell einen langen Pass auf Marco Reich, der an der Mittellinie
gestartet war und somit nicht im Abseits stand. Die Aachener Abwehrspieler
liefen zehn Meter hinterher und sahen hilfesuchend den Linienrichter an,
während Reich den schwerfällig wirkenden Christian Schmidt umspielte
und den Ball zum 0:2 ins leere Tor schob. Aachen verlor jetzt zeitweise völlig
den Überblick, im Stadion wurde es stiller, und teilweise war sogar der
eine oder andere Sprechchor der ansonsten sehr ruhigen Cölner Fans zu
hören. Ein Rückzieher von Marc Zellweger, der lange durch die Luft
segelte und hinter dem verdutzten Christian Schmidt am Pfosten landete,
hätte das Spiel vorzeitig entscheiden können. Auf der anderen Seite
versuchte sich Taifour Diane mit einem Fallrückzieher, der aber wenig
Gefahr für das Cölner Tor brachte. Einige Cölner Fans zeigten
derweil, wie es um ihren Geisteszustand bestellt ist und bewarfen Christian
Schmidt kurz vor der Pause mit Wunderkerzen.
Nach dem Wechsel brachte der eingewechselte Dieter Bayock neuen Schwung ins
Spiel. Jetzt angetrieben vom Dauersupport der Fans, setzte Alemannia den
Gegner unter Druck. Zuerst hatte aber Cöln nach einem groben Patzer von
Frank Schmidt eine gute Konterchance, die Christian Schmidt im letzten Moment
vereiteln konnte. Auf der anderen Seite produzierte Taifour Diane völlig
freistehend nur eine bessere Rückgabe auf den Cölner Torwart. Nach
einer Stunde der verdiente Anschlusstreffer: Taifour Diane setzte sich auf
der rechten Seite schön gegen zwei Gegenspieler durch und flankte nach
innen, wo Marco Zernicke aus 14 Metern zum 1:2 einschoss. Im Gegenzug
verpasste Marco Reich eine gute Chance, den alten Abstand wiederherzustellen.
Als wenig später Ivica Grlic für den erneut schwachen Frank
Schmidt eingewechselt wurde, fragte sich mancher Zuschauer, ob man vielleicht
beim DFB Protest einlegen könne, da zwölf Cölner auf dem Platz
standen. Alemannia versuchte nochmal alles, aber die Cölner Abwehr
verteidigte ihr Tor geschickt. Ein 20-Meter-Schuss von Bernd Rauw strich
knapp über das Tor, und bei einem Gewühl im Strafraum setzte sich
der eingewechselte Ivanovic gegen seinen Gegenspieler durch, aber der Ball
war so hoch aufgesprungen, dass er ihn vom Torwart bedrängt nur schwer
annehmen konnte und schließlich aus drei Metern über das Tor
schoss. Am Ende wurde es noch einmal hektisch auf dem Spielfeld, aber es
blieb beim etwas unglücklichen, aber aufgrund der ersten Halbzeit
verdienten Pokalaus für die Alemannia. "Wir sind stolz auf unser
Team" sangen jetzt viele Aachener - "denn wir warn nicht in
Berlin", möchte man da vermuten. Die Leistung der Mannschaft war
aber trotz einiger eklatanten Schwächen insgesamt in Ordnung. Gerade
kämpferisch konnte man wie in den meisten Heimspielen überzeugen.
Bernd Rauw und Marco Zernicke zeigten in der zweiten Halbzeit eine besonders
ansprechende Leistung. Willi Landgraf und Frank Schmidt wirkten in der
Abwehr teilweise überfordert, was gegen die spielerisch schwächeren
Karlsruhe und Unterhaching hoffentlich anders sein wird.
Nachtrag: wenn ich diesen unsäglichen Dünnschiss in den AN schon
wieder lese - auf der ersten Lokalseite unter den grinsenden Fratzen der
Herren Linden und Schramma: "Trotz mancher Provokation aus dem
Kölner Block, der vor allem in der ersten Hälfte die von der
frühen FC-Führung geschockten Alemannia-Fans mühelos
übertönte, ließen sich die Aachener nicht aus der Ruhe
bringen." Ist klar. Von der Überdachten aus waren die Cölner
zwar kaum zu hören, und in den Ausschnitten von DSF und WDR sind
auch nur Aachener zu hören, aber sonst... wenn Achim Kaiser mal keinen
Müll schreibt, tut es eben die Lokalredaktion.