Mi, 28.11.01:
ALEMANNIA - 1.FC Köln 1:2 (0:2)
C. Schmidt - Spanier, F. Schmidt (64. Grlic), Heeren - Landgraf, Rauw, Zernicke, Zimmermann (46. Bayock), Pflipsen (71. Ivanovic), Caillas - T. Diane
(Straub - Rudan, Hildmann, Lozanowski / Berger)
Pröll - Zellweger, Cichon (85. Dziwior), Song, Keller - Cullmann, Sinkala (76. Kreuz), Springer, Timm (69. Scherz), Reich - Kurth
(Bade - Sichone, Balitsch, Lottner / Lienen)

Zuschauer: 22500 (ausverkauft; ca. 5000 aus Köln)
Gelb: F. Schmidt, Caillas, Spanier - Sinkala, Zellweger, Kurth, Reich

0:1 Kurth (6.)
0:2 Reich (29.)
1:2 Zernicke (60.; T. Diane)









Nachdem man im letzten Jahr Bayer Leverkusen auf dem Tivoli empfangen hatte, hoffte man bei der Auslosung zur zweiten DFB-Pokalrunde, erneut auf einen großen Gegner zu treffen. Dazu kam es zwar leider nicht, aber immerhin bescherte uns das Los ein Derby gegen den derzeit erfolgreichsten Cölner Verein. Das ist im Moment nicht der VfL 99, der sogar bis in die Kreisklasse abgerutscht ist und dessen traditionsreiches Stadion demnächst abgerissen wird, sondern der Nachfolgeverein des mit dem Vorortclub Sülz 07 fusionierten Cölner Boys-Spiel-Club 1901. Aufgrund der chronischen Erfolgslosigkeit der anderen Cölner Vereine stand dieser Fusionsverein in den letzten Jahrzehnten zunehmend im Mittelpunkt des Cölner Fußballinteresses, und in den 60er-Jahren versuchte der damalige Präsident Franz Kremer mit seinen korrupten Machenschaften, auch die Konkurrenz aus dem Grenzland auszuschalten und so weitere Zuschauer und Käufer von Fanartikeln zu gewinnen. Nach dem Absturz der Alemannia in die Drittklassigkeit schien dies mit einiger Verspätung auch gelungen zu sein; Aachener Zeitungsleser wurden zunehmend mit Gesülze über Cöln und Gladbach penetriert, und die Zahl der rot-weißen und grün-schwarzen Autoaufkleber in Aachen nahm bedenkliche Ausmaße an. Nach dem Wiederaufstieg der Alemannia besserte sich die Situation zwar, aber da die Cölner zur Zeit mal wieder ein zweijähriges Intermezzo in der Bundesliga absolvieren, finden sich bei einem Gastspiel von Cöln auch heute noch genug Modefans in Aachen, die sich mit ihren rot-weißen Schals aus ihren diversen Löchern trauen und ihre braun-gelben Dinger aus den diversen Löchern ihrer Brüder und Schwestern entfernen, um zum Tivoli zu stolzieren.
5000 von ihnen werden wohl unter den 22500 Besuchern auf dem ausverkauften Tivoli gewesen sein. Viele davon mischten sich in den Aachener Blöcken schamlos unter die Aachener Zuschauer, sogar im S-Block stank es ganz widerlich nach Cölsch, so dass man sich ständig unbewusst umdrehte, in der Befürchtung, irgendein kleines fauliges Etwas in den Hintern geschoben zu bekommen. Die meisten Cölner hatten sich aber wie es sich gehört in den dafür vorgesehenen Gehegen X, Z und A versammelt. Aus der Ferne fiel dort vor allem die große Zahl hässlicher Fischerhüte auf - scheinbar fällt man in Cöln trotz (oder gerade wegen?) der Nähe zur Modestadt Düsseldorf auf jedes noch so unsinnige Modediktat herein. Zum Einlaufen der Mannschaften hielten die Sitzplatzbesucher von den "aktiven Alemanniafans" vorbereitete Papptafeln hoch, die den Schriftzug "Aachen" und den Pokal ergaben. Im S-Block wurde ein Spruchband entrollt, auf dem zu lesen war "Echte Fründe stönn zusame", begleitet von einer Hochziehfahne, die Geißbock Hennes zeigte, der von einem grün-schwarz beschalten Herrn von hinten genommen wurde. Reichlich Wunderkerzen rundeten das Bild ab. Auf Cölner Seite gab es lediglich jede Menge Rauch sowie einige Raketen und aufs Spielfeld geworfene Bengalen. Die von einigen asozialen Dummschwätzern angekündigten Aktionen zum Thema Werner Fuchs gab es nicht. Der ordnungsgemäßen Durchführung des Spiels hätten sie auch nicht gutgetan.
Bei Alemannia war Henri Heeren nach seiner Gelbsperre wieder dabei, dafür nahm Ivica Grlic zunächst auf der Bank Platz. Aachen begann, wie in Heimspielen gewohnt, druckvoll und holte nach wenigen Sekunden den ersten Eckball heraus. Leider lief man den spielerisch starken Cölnern in der Folgezeit ins offene Messer. Gerade mal fünf Minuten waren gespielt, als Marco Zernicke an der linken Außenlinie den Ball verlor. Jens Keller spielte den Ball auf Markus Kurth, der 16 Meter vor dem Tor von Willi Landgraf gedeckt wurde. Wenn Landgraf ganz normal zwischen Gegner und Tor bleibt, ist das eine relativ harmlose Situation. Ob Landgraf Kurth ins Abseits stellen wollte oder ob er ihn im rot-weißen Trikot für einen Essener Mannschaftskameraden hielt, weiß wohl nur er selbst, jedenfalls lief er zwei Schritte dem Ball entgegen und ermöglichte seinem Gegenspieler so, unbedrängt die Führung zu erzielen. Cöln nutzte jetzt souverän seine spielerischen Vorteile, während Aachen mit Kampf dagegenhielt. Mehr als zwei Distanzschüsse von Landgraf und Pflipsen sprangen dabei allerdings nichts heraus. Man hatte sogar Glück, dass nach einem Foul von Heeren an Timm nicht auf Elfmeter entschieden wurde. Nach einer knappen halben Stunde verlor Olivier Caillas kurz hinter der Mittellinie den Ball. Thomas Cichon spielte schnell einen langen Pass auf Marco Reich, der an der Mittellinie gestartet war und somit nicht im Abseits stand. Die Aachener Abwehrspieler liefen zehn Meter hinterher und sahen hilfesuchend den Linienrichter an, während Reich den schwerfällig wirkenden Christian Schmidt umspielte und den Ball zum 0:2 ins leere Tor schob. Aachen verlor jetzt zeitweise völlig den Überblick, im Stadion wurde es stiller, und teilweise war sogar der eine oder andere Sprechchor der ansonsten sehr ruhigen Cölner Fans zu hören. Ein Rückzieher von Marc Zellweger, der lange durch die Luft segelte und hinter dem verdutzten Christian Schmidt am Pfosten landete, hätte das Spiel vorzeitig entscheiden können. Auf der anderen Seite versuchte sich Taifour Diane mit einem Fallrückzieher, der aber wenig Gefahr für das Cölner Tor brachte. Einige Cölner Fans zeigten derweil, wie es um ihren Geisteszustand bestellt ist und bewarfen Christian Schmidt kurz vor der Pause mit Wunderkerzen.
Nach dem Wechsel brachte der eingewechselte Dieter Bayock neuen Schwung ins Spiel. Jetzt angetrieben vom Dauersupport der Fans, setzte Alemannia den Gegner unter Druck. Zuerst hatte aber Cöln nach einem groben Patzer von Frank Schmidt eine gute Konterchance, die Christian Schmidt im letzten Moment vereiteln konnte. Auf der anderen Seite produzierte Taifour Diane völlig freistehend nur eine bessere Rückgabe auf den Cölner Torwart. Nach einer Stunde der verdiente Anschlusstreffer: Taifour Diane setzte sich auf der rechten Seite schön gegen zwei Gegenspieler durch und flankte nach innen, wo Marco Zernicke aus 14 Metern zum 1:2 einschoss. Im Gegenzug verpasste Marco Reich eine gute Chance, den alten Abstand wiederherzustellen. Als wenig später Ivica Grlic für den erneut schwachen Frank Schmidt eingewechselt wurde, fragte sich mancher Zuschauer, ob man vielleicht beim DFB Protest einlegen könne, da zwölf Cölner auf dem Platz standen. Alemannia versuchte nochmal alles, aber die Cölner Abwehr verteidigte ihr Tor geschickt. Ein 20-Meter-Schuss von Bernd Rauw strich knapp über das Tor, und bei einem Gewühl im Strafraum setzte sich der eingewechselte Ivanovic gegen seinen Gegenspieler durch, aber der Ball war so hoch aufgesprungen, dass er ihn vom Torwart bedrängt nur schwer annehmen konnte und schließlich aus drei Metern über das Tor schoss. Am Ende wurde es noch einmal hektisch auf dem Spielfeld, aber es blieb beim etwas unglücklichen, aber aufgrund der ersten Halbzeit verdienten Pokalaus für die Alemannia. "Wir sind stolz auf unser Team" sangen jetzt viele Aachener - "denn wir warn nicht in Berlin", möchte man da vermuten. Die Leistung der Mannschaft war aber trotz einiger eklatanten Schwächen insgesamt in Ordnung. Gerade kämpferisch konnte man wie in den meisten Heimspielen überzeugen. Bernd Rauw und Marco Zernicke zeigten in der zweiten Halbzeit eine besonders ansprechende Leistung. Willi Landgraf und Frank Schmidt wirkten in der Abwehr teilweise überfordert, was gegen die spielerisch schwächeren Karlsruhe und Unterhaching hoffentlich anders sein wird.
Nachtrag: wenn ich diesen unsäglichen Dünnschiss in den AN schon wieder lese - auf der ersten Lokalseite unter den grinsenden Fratzen der Herren Linden und Schramma: "Trotz mancher Provokation aus dem Kölner Block, der vor allem in der ersten Hälfte die von der frühen FC-Führung geschockten Alemannia-Fans mühelos übertönte, ließen sich die Aachener nicht aus der Ruhe bringen." Ist klar. Von der Überdachten aus waren die Cölner zwar kaum zu hören, und in den Ausschnitten von DSF und WDR sind auch nur Aachener zu hören, aber sonst... wenn Achim Kaiser mal keinen Müll schreibt, tut es eben die Lokalredaktion.

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