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Beuckert - Kozak, Persich, Ernemann - Vidolov (83. Okeke),
Koilov, Menze, Nikol, Fiel - Isa (74. Zechner),
Djurkovic (71. Balcarek)
(Wulnikowski - Müller, Kremenliev, Fährmann / Wassilev) |
C. Schmidt - Spanier, F. Schmidt, Rauw (46. Hildmann) -
Landgraf (46. Xie Hui), Grlic, Zernicke, Zimmermann,
Pflipsen (64. Rudan), Caillas - T. Diane
(Straub - Gunesch, Lozanowski, Ivanovic / Berger) |
Zu den eher unangenehmen Auswirkungen der Wiedervereinigung von 1990
zählen neben einigen Kosten und dem Auftauchen merkwürdiger
Gestalten wie Wolfgang Lippert, Angela Merkel oder den Puhdys auch eine
vermehrte Anzahl endlos langer Auswärtsfahrten. Kaum ist Chemnitz
abgestiegen, trifft man auf Babelsberg und Union Berlin, wo Alemannia schon
einmal vor sieben Jahren in der Amateurmeisterschaft gespielt hatte. So
mussten sich die meisten der gut 200 Aachener, die ihr Team in Berlin
unterstützen wollten, unausgeschlafen mitten in der Nacht von Samstag
auf Sonntag auf den Weg machen, während die Mannschaft
gemütlich mit dem Flugzeug angereist war. Zwei vollbesetzte Busse waren
unterwegs, dazu kam noch ein gutes Dutzend Autos und einige Zugfahrer.
Die Alte Försterei in Köpenick ist ein heruntergekommenes, aber
recht ansehnliches Stadion, in dem bei unserem Gastspiel 7440 Zuschauer mit
gutem Support für in der zweiten Liga selten gewordene
Fußballatmosphäre sorgten. Im Aachener Block wurde ein Spruchband
ausgerollt, auf dem zu lesen war: "Marmor, Stein und Eisern bricht, aber
Alemannia nicht". Bei Alemannia fehlte der gelbgesperrte Henri Heeren,
dafür begann Neuzugang Karl-Heinz Pflipsen neben Ivica Grlic
im zentralen Mittelfeld. Somit spielten in unserem Mittelfeld also ein Kölner
und ein Gladbacher - aber wenigstens kein Ossi ;-)
Union zeigte von Beginn an, wer Herr im Haus war. Nach knapp zehn Minuten
veranstalteten sie nach einem Freistoß erstmal ein Scheibenschießen
auf das Aachener Tor, aber mehrere Schussversuche blieben an Aachener
Abwehrbeinen hängen. Nach weiteren zehn Minuten strich ein Flugkopfball
des Berliners Isa nur knapp am Kasten von Christian Schmidt vorbei. Alemannia
spielte halbwegs gefällig mit, konnte sich aber keine zwingenden
Torchancen erarbeiten. Auf der Gegenseite sah das schon ganz anders aus.
Christian Schmidt konnte einen Schuss von Christian Fiel gerade noch mit dem
Fuß gegen den Posten lenken. Nach 36 Minuten war es erneut Fiel, der
die rechte Aachener Abwehrseite ganz alt aussehen ließ. Hätten sich
ihm statt Willi Landgraf, Mark Zimmermann und Mark Spanier die drei Stooges
in den Weg gestellt, er hätte kaum mehr Mühe gehabt. Gegenspieler
Willi Landgraf kann dem schnellen Antritt nicht folgen, grätscht ins
Leere, Mark Zimmermann kommt zu spät, und Mark Spanier stellt sich zwar
in den Weg, aber unbewegliche Hindernisse werden von cleveren Stürmern
hin und wieder umlaufen. So tauchte Fiel frei vor Schmidt auf und hob den Ball
über Christian Schmidt Richtung Tor, wo Bernd Rauw ihn beim Versuch, ihn
von der Linie zu retten, endgültig zum 1:0 ins Tor beförderte.
Zur zweiten Halbzeit brachte Jörg Berger mit Xie Hui einen zweiten
Stürmer. Leider war Hui an Harmlosigkeit und mangelnder Laufbereitschaft
nicht zu überbieten, und auch seine Mannschaftskollegen bauten rapide ab.
Gerade mal fünf Minuten dauerte es, bis das Spiel mit dem 2:0 praktisch
entschieden war. Eine Ecke der Berliner wurde auf den langen Pfosten
verlängert, wo Frank Schmidt seinen Gegenspieler wieder nur von hinten
sah, während Taifour Diane untätig danebenstand. Den meisten Fans
war klar, was kam; die Frage war nur noch, wieviele Tore man denn diesmal
kassieren würde. Vier? Fünf? Sechs? Keine Stunde war gepielt, da
stand es auch schon 3:0, als die Berliner den Ball bei einem Freistoß
von Höhe der Eckfahne zurück auf Vidolov flankten, der den Ball
volley aus 20 Metern in den Winkel drosch. Ein schönes
Tor, aber man muss auch erstmal so frei stehengelassen werden. Jörg
Berger hisste jetzt in Gedanken die weiße Flagge und wechselte mit Mark
Rudan einen Abwehrspieler ein, der helfen sollte, das Ergebnis halbwegs in
Grenzen zu halten. Die meisten Aachener schienen aber eher bemüht, den
Berlinern zu helfen, das Ergebnis in die Höhe zu schrauben. So spielte
Ivica Grlic aus 30 Metern unbedrängt halbhoch einen Rückpass auf
Frank Schmidt, der irgendwo in der Nähe des Balles in die Luft trat.
Glück, dass Isa das Geschenk nicht annahm und nur den Pfosten traf.
Immerhin fiel noch der Ehrentreffer für die Alemannia, bezeichnenderweise
nicht durch einen der harmlosen Stürmer, sondern wieder mal durch Frank
Schmidt, der bei aller momentanen Unfähigkeit in der Deckungsarbeit vorne immer
für ein Tor gut ist. Grlic trat einen Freistoß in den Strafraum,
Xie Hui und Mark Rudan behinderten sich beim Kopfball gegenseitig, und von
einem Berliner Abwehrbein landete der Ball bei Schmidt, dessen Schuss noch
abgefälscht wurde und so irgendwie im Tor landete.
Zehn Minuten vor Abpfiff lief erst Mark Spanier ins Leere, dann Frank Schmidt
zu spät los und wieder nur hinterher, so dass Christian Fiel frei vor
dem Aachener Tor auftauchte und den Ball über Christian Schmidt hinweg
hob. Frank Schmidt konnte den Ball kurz hinter oder sogar auf der Linie
retten, aber der Schiedsrichter entschied auf Tor. Fünf Minuten vor dem
Ende ein völlig überflüssiges Foul von Frank Schmidt im
eigenen Strafraum, Elfmeter, 5:1.
Es folgte der erlösende Schlusspfiff, die Mannschaft (außer
Christian Schmidt und Sascha Hildmann) ging grußlos an den (noch nicht
einmal heftig pöbelnden) Fans vorbei, verschwand in der Kabine und flog
nach Hause, während die Fans noch etliche Stunden Fahrt vor sich hatten.
Dann kommt man als Fan irgendwann am frühen Montagmorgen in Aachen
an, hat von den letzten 72 Stunden höchstens zwei geschlafen, ist den
halben Samstag für die Amateure durch die Eifel gefahren, schlägt
sich die Nacht im Bus um die Ohren, sieht einer scheinbar desinteressierten
Söldnertruppe zu, wie sie sich fast ohne Gegenwehr wieder mal fünf
Tore einschenken lässt und einen dann nach dem Spiel nicht mal eines Blickes
würdigt, und fährt nochmal 8-9 Stunden zurück. Wenn man dann
im Regen durch die Soers nach Hause läuft, ist das so ein Moment, in dem
man sich fragt, wozu man das alles macht. Den meisten Spielern geht es
wahrscheinlich eh am Arsch vorbei (was irgendwo normal ist, wenn man vorher in
Australien, China oder bei Fortuna Köln gespielt hat).
In sieben Auswärtsspielen haben wir einen Punkt geholt, zweimal
knapp verloren und vier deftige Klatschen eingesteckt. Wie man als Profi
derart desolat auftreten kann, wissen die Herren Spieler wohl nur selbst.
Es gab niemanden, der auch nur ansatzweise seine Zweitligatauglichkeit
bewiesen hätte. Neuzugang Karlheinz Pflipsen konnte noch am wenigsten
dafür. Ansonsten: Ivica Grlic produzierte Ballverluste im Minutentakt, Frank
Schmidt war die Hilflosigkeit in Person, Willi Landgraf, Bernd Rauw und Mark
Spanier hatten mehrere dicke Aussetzer, Olivier Caillas wurde nach einigen
Falleinlagen vom Berliner Publikum zurecht bei jedem Ballkontakt mit
"Aua!"-Rufen bedacht, und Xie Hui lief noch weniger als Taifour
Diane, und das will was heißen. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass
wir noch ein paar neue Spieler unter dem Weihnachtsbaum finden werden,
ansonsten dürfen wir uns unsere Klatschen statt in Berlin demnächst
in Aue und Magdeburg abholen. Jedenfalls hat unsere Mannschaft es
eindrucksvoll geschafft, mir jede Vorfreude auf das Pokalspiel gegen
Tuntenhausen zu nehmen. Vielen Dank!