Do, 24.02.05:
AZ Alkmaar - ALEMANNIA 2:1 (0:1)
Timmer - Kromkamp, Mathijsen, Opdam, de Cler - Lindenbergh, van Galen (83. Jaliens), Ramzi (58. Sektioui) - Meerdink, Huysegems (58. Nelisse), Perez
(Zwarthoed - Elkhattabi, Medunjanin, Buskermolen / Adriaanse)
Straub - Stehle, Klitzpera, Sichone (83. Iwelumo), Noll - Plaßhenrich, Rolfes, Gomez (77. Michalke) - Paulus (74. Brinkmann), Pinto, Meijer
(Nicht - Landgraf, Schlaudraff, Petrovic / Hecking)

Zuschauer: 8390 (ausverkauft; ca. 950 aus Aachen)
Gelb: van Galen, de Cler - Sichone, Plaßhenrich, Pinto
Gelb-Rot: Stehle (72.; wiederholtes Foulspiel)

0:1 Meijer (31.; Pinto, Klitzpera)
1:1 van Galen (62.)
2:1 Mathijsen (80.)

























(Fotos: Richard)

Nach den drei 2000-Kilometer-Touren nach Reykjavík, Sevilla und Athen war Alkmaar das erste näher gelegene UEFA-Cup-Auswärtsspiel der Alemannia. Entsprechend groß war das Hallo bei der Frage um die Verteilung der nur 850 Gästekarten; bis zu 180 Euro wurden schmierigen Schwarzmarkthändlern für eine Karte in den Arsch geschoben. Im Nachhinein viel Aufregung um Nichts: Während die Holländer mit 4000 Fans nach Cöln anreisten, konnte die Alemannia kaum mehr als 1000 Anmeldungen für die Kartenverlosung verzeichnen, und die Schwarzmarktpreise sanken bis nah an den Originalpreis von 22,50 Euro. Die Gewinner der Verlosung mussten derweil alle schwachsinnigen Repressalien bei holländischen Auswärtstouren in Kauf nehmen. Die Anreise war nur in einem der 15 Busse möglich, bei der Anmeldung musste die (später nicht kontrollierte) Nummer des Personalausweises angegeben werden, und ständig wurden diverse Verbote und Drohungen ausgesprochen, die sich (obwohl es nach "Alkmaar" ging), vor allem auf den Alkoholkonsum bezogen. Viele, die auf eigene Faust angereist waren, erlebten vor Ort eine böse Überraschung, als Verbrecherpack in Uniform oder Ordner-Leibchen seine Machtposition nutzte, um Aachener Fans Eintrittskarten abzuzocken - und wahrscheinlich unter der Hand weiterzuverkaufen. Hierbei herrschte reine Willkür: Einige hatten keine Probleme, andere bekamen "aus Sicherheitsgründen" einen anderen Block zugeteilt, wieder andere mussten ihre Personalien abgeben und sich weitere lachhafte Drohungen anhören - wenigstens waren noch Karten für den Gästeblock übrig.
Im Stadion hatten die Alemannia-Fans kein Problem, den kaum vorhandenen heimischen Support zu übertönen. Die beim Hinspiel noch stimmgewaltigen Holländer saßen zum größten Teil still auf ihren Ärschen. Ihre Mannschaft musste ohne den verletzten Danny Landzaat auskommen, bei der Alemannia konnte sowohl Erik Meijer wieder auflaufen als auch Reiner Plaßhenrich, dessen Einsatz fraglich gewesen war. Der zuletzt schwache Kai Michalke blieb auf der Bank, dafür rückte Frank Paulus in die Startformation.
Gegen druckvolle Gastgeber schlug sich unsere Mannschaft von Anfang an sehr achtbar. Den zusätzlichen Kick gab (mir zumindest) das auf der Anzeigetafel eingeblendete 0:1 von Schalke gegen Donezk (bei einem überschätzten Trainer, der glaubt, Alemannia spiele 4-4-2, kein überraschendes Ergebnis). Nach vier Minuten hatte die Alemannia die erste Chance des Spiels. Kenneth Perez und Torwart Henk Timmer kratzten einen Kopfball von Erik Meijer nach Ecke von Sergio Pinto mit vereinten Kräften von der Linie. Brenzlig wurde es erstmals nach zehn Minuten bei einem Distanzschus von Barry van Galen, Kenneth Perez hatte mit der Hand vorgelegt. Die erste große Möglichkeit hatte Tim de Cler mit einem Schuss aus 20 Metern. Mitte der ersten Hälfte erhöhte AZ den Druck, die Alemannia hatte zeitweise Probleme, sich zu befreien. Moses Sichone rettete bei einer Hereingabe von Stein Huysegems. Frank Paulus gab auf der Gegenseite aus rund 25 Metern einen Warnschuss ab, den Henk Timmer nur mit Mühe zur Ecke abwehren konnte. Die von Sergio Pinto getretenen Ecke verlängerte Alexander Klitzpera zum langen Pfosten, wo es wieder einmal der in der Liga weitaus weniger erfolgreiche Erik Meijer war, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort stand und zur vielumjubelten Führung einköpfte. Sollte der Traum tatsächlich weitergehen? Plötzlich fühlte man sich an Hafnarfjördur und Athen erinnert, die Sensation schien greifbar nahe. Zwei Tore brauchten die Holländer nun schon. Es hätte noch besser kommen können: Sieben Minuten vor der Pause lief ein Konter über Simon Rolfes und Daniel Gomez zu Frank Paulus. Der hielt etwas überhastet aus 16 Metern drauf und scheiterte an Henk Timmer. Auf der anderen Seite kam Martijn Meerdink auf der rechten Seite frei zum Schuss, setzte den Ball aber weit am langen Pfosten vorbei. Dann musste Stephan Straub einem Distanzschuss von Olaf Lindenbergh hinterherhechten. Mit großem Einsatz rettete die Alemannia die Führung in die Pause.
Nach 50 Minuten musste man wieder einmal Angst haben, dass wir das Spiel nicht zu elft beenden würden, als Moses Sichone für ein Foul an der Mittellinie die gelbe Karte bekam. Die Alemannia spielte in dieser Phase stark und ließ sich nicht hinten rein drängen. 56 Minuten waren gespielt, als das Unheil allmählich seinen Lauf nahm. Sergio Pinto spielte Simon Rolfes an, der den Ball an einem Gegenspieler vorbeispitzelte und freie Bahn zum Tor hatte. Wenn der gesessen hätte, würde man sich wahrscheinlich gerade mit Flugplänen oder der ukrainischen Botschaft auseinandersetzen. Leider scheiterte Rolfes Versuch, den Ball hoch in die kurze Ecke zu schlenzen - eine Szene, die uns alle noch lange verfolgen dürfte. Co Adriaanse brachte mit Robin Nelisse und Tarik Sektioui zwei frische Kräfte. Bei der Alemannia machte sich hingegen allmählich der Kräfteverschleiß bemerkbar. Thomas Stehle legte sich den Ball zu weit vor, grätschte hinterher und sah wie schon Sichone die gelbe Karte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Dieter Hecking mit Dennis Brinkmann noch eine Alternative für die Defensive auf der Bank, verzichtete wie gegen Haching und in Cöln darauf, frühzeitig auszuwechseln - und wurde später wieder bitter bestraft. Nach 62 Minuten der Ausgleich: ein Ballverlust im Mittelfeld, eine Flanke von Tarik Sektioui, eine missglückte Kopfballabwehr von Simon Rolfes, und der Ball fiel vor die Füße von Barry van Galen. Im Trikot von Roda hätte der den Ball 10 Meter über das Tor gehämmert, aber leider traf er das Leder perfekt und zimmerte den Ball zum 1:1 unter die Latte. Schalke war mittlerweile ausgeschieden und der Blick galt alle paar Sekunden der Uhr... 25 Minuten bis Donezk... 20 Minuten bis Donezk. Die Gastgeber waren im Aufwind und erhöhten das Tempo. Die Alemannia hatte zunehmend Probleme, das Tempo mitzugehen und verlor immer mehr Zweikämpfe. Dazu kam wie schon im Hinspiel Pech mit dem Schiedsrichter. Tarik Sektioui setzte an der linken Außenlinie zu einem Laufduell mit Thomas Stehle an, der den Arm ausfuhr. Hier musste man noch nicht einmal Foul pfeifen, aber Sektioui fiel geschickt und der Schiedsrichter zeigte überzogen Gelb-Rot. Wieder einmal in Unterzahl war das tragische Ende nur allzu vorhersehbar. Die zehn verbliebenen Aachener gerieten immer mehr ins Schwimmen. Alexander Klitzpera brachte Stephan Straub mit einem Rückpass in Bedrängnis, dann traf Barry van Galen aus 18 Metern nur die Latte. Sollte man etwa doch noch einmal Glück haben? Dem war nicht so: Eine Ecke von der linken Seite wurde auf Joris Mathijsen verlängert, der am Arm von Alexander Klitzpera hing wie ein Dreijähriger am Arm seiner Mutter, und zum 2:1 den Fuß hinhielt. Die Alemannia versuchte noch einmal alles, als letzte Option kam noch Chris Iwelumo ins Spiel. In der Nachspielzeit wäre es beinahe noch passierte: Flanke Michalke, Kopfball Klitzpera, Kopfball Iwelumo, Meijer zu spät. Während anderswo irgendein Volltrottel einfach nur in der Gegend rumsteht, angeschossen wird und dabei ein Tor macht, prallte der Ball für uns wie von Geisterhand in die falsche Richtung.
Einige besonders heldenhafte Tulpenzüchter nahmen das "only sing when you're winning" an diesem Tag besonders wörtlich, tanzten vor Gästeblock und -bussen herum und warfen noch eine Scheibe ein - sie sollten FC-Fans werden. Die Alemannia hatte sich blendend verkauft und war überaus unglücklich (wenn auch über 90 Minuten nicht unverdient) ausgeschieden, z.T. begünstigt durch zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen in Hin- und Rückspiel. Einen Vorwurf kann man da niemandem machen. Am selben Tag schieden mit Schalke und Stuttgart auch die letzten Bundesligisten aus dem Wettbewerb aus. Umso ärgerlicher ist die eigene Niederlage; als letzte deutsche Mannschaft wäre im Achtelfinale ein ganz dicker Batzen Fernsehgeld drin gewesen, den man in den Kader für die nächste Saison hätte investieren können.
Nun geht es darum, die Serie der bitteren Pleiten möglichst schnell aus den Köpfen zu kriegen und die Saison mit Anstand zu Ende zu spielen. Um nicht nach hinten durchgereicht zu werden, müssen da schnell Punkte her. Mehr als drei Tage Pause vor dem Aue-Spiel wären dabei hilfreich. Borussia Brand in unserer Situation hätte am Sonntag einen leider unbespielbaren Platz. Wir hingegen werden spielen und in der Nachspielzeit durch einen Abpraller vom Hinterkopf des Schiedsrichters verlieren.



Zurück