So, 21.10.01:
Eintracht Frankfurt - ALEMANNIA 2:2 (0:1)
Heinen - Bindewald, Rasiejewski, Sim - Wimmer, Schur, Preuß, Streit (60. Jones), Gemiti (46. Skela) - Kryszalowicz (83. Guié-Mien), Chen Yang
(Nikolov - Rada, Nemeth, Branco / Andermatt)
C. Schmidt - Spanier, F. Schmidt (74. T. Diane), Heeren (54. Bashi) - Landgraf, Rauw, Zernicke, Bayock (79. Zimmermann), Lozanowski, Caillas - Xie Hui
(Straub - Hildmann, Grlic, Ivanovic / Berger)

Zuschauer: 16000 (ca. 1000 aus Aachen)
Gelb: Kryszalowicz, Schur, Bindewald - Heeren, Spanier

0:1 Caillas (28.)
1:1 Skela (66.)
2:1 Skela (69.)
2:2 T. Diane (79.; Caillas, Zimmermann)









Am zehnten Spieltag gab es für die Alemannia das bisherige Saisonhighlight, eine Reise ins Frankfurter Waldstadion, das erste Pflichtspiel gegen die Eintracht seit Bundesligazeiten. Zwar standen statt Hölzenbein oder Grabowski nur Bindewald, Yang & Co. auf dem Platz, aber trotzdem schien der Gegner in Anbetracht unserer Leistung beim 0:0 gegen Saarbrücken übermächtig zu sein.
Ca. 1000 Aachener begleiteten ihr Team nach Frankfurt, der zahlenmäßig stärkste Auswärtssupport in dieser Saison. Denkt man an den großen Namen des Gegners und die Massen, die noch vor zwei Jahren nach Bochum, Gladbach oder Köln strömten, hätte man eigentlich noch mehr Aachener erwartet. Vier Busse waren unterwegs, ich hatte mich für das Wochenendticket als nervigere, aber billigere Alternative entschieden. Die Fahrt verlief ohne allzu große Zwischenfälle, nur am Frankfurter Hauptbahnhof und an der S-Bahn-Station Sportfeld kam es zu einigen längeren Diskussionen mit den Ordnungshütern, insbesondere mit einem gewissen Herrn Schepp, Dienstnummer 35.
Die 1000 Aachener hatten reichlich Platz im Block A der Gästekurve, während unsere Zaunfahnen den Block B für sich allein hatten. Insgesamt 16000 Zuschauer bevölkerten das weite Rund des Waldstadions, darunter auch eine große chinesische Kolonie, die das Duell Chen Yang gegen Xie Hui live mitverfolgen wollte (Zhang Xiaorui war mit den Amateuren in Rheydt). Vor Spielbeginn wurde im Aachener Block Rauch gezündet, während uns die Frankfurter mit einer Choreo sagen wollten, dass sie "alle Trümpfe in der Hand" haben. Dazu hatten sie eine Reihe Spielkarten mit diversen Köpfen gemalt, die aus der Entfernung leider nicht besonders gut zu erkennen waren.
Jörg Berger begann an seiner alten Wirkungsstätte mit einer gegenüber dem Saarbrücken-Spiel veränderten Aufstellung. So fungierte Xie Hui als einzige echte Spitze, während Taifour Diane erstmal auf der Bank blieb. Dort musste auch Ivica Grlic Platz nehmen, dafür spielten Willi Landgraf und erstmals in dieser Saison "Dieter" Bayock von Anfang an. Bayock wurde als hängende Spitze auf der rechten Seite eingesetzt, während Olivier Caillas wie gehabt auf der linken Außenbahn für Druck (bzw. gelbe Karten ;-) sorgen sollte. Landgraf und Zernicke hielten ihnen den Rücken frei, in der Mitte spielten Lozanowski und, etwas defensiver, Bernd Rauw. Die schon gegen Saarbrücken gut stehende Abwehr mit Spanier, Schmidt und Heeren genoss auch in Frankfurt das Vertrauen des Trainers.
Aachen spielte von Anfang an aggressiv, mit neu gewonnenem Selbstvertrauen, und konnte das Spiel ausgeglichen gestalten. Die erste dicke Chance hatte aber die Eintracht. Albert Streit kam aus 15 Metern frei zum Schuss und zwang Christian Schmidt zu einer ersten guten Parade. Auf der Gegenseite verpasste Xie Hui nach einer Ecke von links sein erstes Saisontor nur ganz knapp. Alemannia war mittlerweile sensationellerweise die tonangebende Mannschaft, als sich Olivier Caillas nach einer knappen halben Stunde im Mittelfeld den Ball erkämpfte. Er setzte zu einem schönen Solo an, umkurvte diverse Gegenspieler, wechselte mehrfach die Richtung und schien nicht so recht zu wissen, wo er eigentlich hinwollte. Als jeder erwartete, dass er irgendwie einen Freistoß herausholen würde, zog er aus 25 Metern ab, und der Ball senkte sich über Dirk Heinen, der etwas zu weit vor seinem Tor stand, ins Netz. Vor ungläubiger Freude wurde im Aachener Block erstmal der Zaun erklommen, was uns einen kurzen Ausflug in die Welt der Polizeibrutalität bescherte. Obwohl die Eintracht jetzt den Druck erhöhte, konnten unsere Jungs das 1:0 bis in die Pause retten.
Nach dem Wechsel drehte Frankfurt wie befürchtet mächtig auf. Ein erster Warnschuss von Preuß strich knapp übers Lattenkreuz, danach konnte Mark Spanier eine Hereingabe in die Mitte im allerletzten Moment abfangen. Die Mannschaft verteidigte ihr Tor wacker, angetrieben vom in der zweiten Halbzeit sehr guten Support der Fans. Gerade als man glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben, lief der zwischenzeitlich für den angeschlagenen Henri Heeren gekommene Clirim Bashi seinem ebenfalls eingewechselten Landsmann Erwin Skela nur hinterher, so dass der einen schönen Pass von Chen Yang annehmen und den Ball an Christian Schmidt vorbei ins lange Eck schieben konnte. Wenige Minuten später schienen dann die Aachener Hoffnungen, wenigstens einen Punkt über die Zeit retten zu können, zunichte gemacht. Ein Frankfurter tanzte auf der linken Abwehrseite mehrere Aachener aus, flankte nach innen, wo eine zu kurze Kopfballabwehr auf dem Fuß von wiederum Erwin Skela landete. Dessen etwas verunglückten Schuss sah Christian Schmidt zu spät - 2:1. Betretene Gesichter im Aachen-Block (schlechte Nachrichten vom Amateurspiel in Rheydt taten ihr übriges), während die Frankfurter auf der Gegengerade endlich zu beeindruckender Lautstärke aufliefen. Taifour Diane kam jetzt für Frank Schmidt ins Spiel und erzielte kurz nach seiner Einwechslung tatsächlich den nicht mehr für möglich gehaltenen, vielumjubelten Ausgleich. Irgendwie hatte er das Leder nach einem langen Ball von Caillas auf Zimmermann vor die Füße bekommen und reagierte schneller als sein Gegenspieler und Torwart Heinen. Zehn Minuten galt es jetzt noch zu überstehen, in denen die Alemannia die Eintracht sogar noch unter Druck setzte und dem Tor mehrmals gefährlich nahe kam. Auf der anderen Seite rettete Christian Schmidt zwei Minuten vor dem Ende per Fußabwehr den ersten Auswärtspunkt.
Zum ersten Mal seit langer Zeit hieß es wieder "wir sind stolz auf unser Team", und alle Spieler warfen ihr Trikot in die feiernde Menge. Man muss schon lange zurückdenken, wann man das letzte Mal so viel Spaß bei einem Auswärtsspiel hatte. Das 2:1 auf dem Bökelberg fällt einem da ein, in der letzten Saison allenfalls Bielefeld oder Saarbrücken. Die Mannschaft hatte nicht nur gekämpft, sondern auch gut gespielt. Gerade die vielgescholtene Abwehr konnte (leider mit Ausnahme von Clirim Bashi) voll überzeugen. Mark Spanier und Bernd Rauw sind dabei besonders hervorzuheben, in der Offensive war es wieder einmal Olivier Caillas, der Akzente setzte.
Gerührt vom Punktgewinn konnte man sogar die Rückfahrt genießen und normalerweise unerfreuliche Dinge mit einem Lächeln zur Kenntnis nehmen. Von böse guckenden, großen und starken Frankfurtern, plötzlich kleinlauten Aachenern, dumpf-aggressiven Polizeibeamten und einer sinnlos vor dem Gießener Hauptbahnhof gezündeten Rauchbombe über unsinnige interne Auseinandersetzungen und eine durchschnittliche Promillezahl der Zugfahrer, die dem Durchschnittsalter gefährlich nahe kam, bis hin zum DSF-Kommentator, der irgendetwas von "Tobias Rauw" und "Carsten Schmidt" faselte. Wenn die Alemannia im Rest der Saison nur ansatzweise an die in Frankfurt gezeigte Leistung anknüpfen kann, sollte der Klassenerhalt zu schaffen sein.

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