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Straub - Landgraf, Klitzpera, Sichone, Blank -
Plaßhenrich (75. Bruns), Rolfes, Fiel (27. Stehle) -
Pinto (65. Brinkmann), Michalke, Meijer
(Nicht - Noll, Paulus, Iwelumo / Hecking) |
Bade - Voigt, Cullmann, Sinkiewicz, Sinkala - Schindzielorz (46. Ebbers),
Springer (41. Feulner), Streit, Guie-Mien (91. Lell) - Podolski,
Scherz
(Maczkowiak - Konstantinidis, Grujic, Achenbach / Stevens) |
Derbys gegen Sülz 07 sind normalerweise etwas Besonderes für die
Alemannia. Dieses Mal war es etwas anderes: Drei Tage nach einem
5:1-Auswärtssieg im UEFA-Cup, gerade erst wieder gelandet und müde
von den Strapazen sah man dem Spiel eher gelassen entgegen. Einzige
Sorge war die kurze Pause, die die Mannschaft nach dem Auftritt auf Island
hatte. Mit denselben elf Spielern, die in Reykjavík begonnen hatten,
ging es gegen den rheinischen Fusionsverein, der seit
1969 nicht mehr besiegt werden konnte.
Vor ausverkauftem Haus entwickelte sich ein kampfbetontes, zunächst
ausgeglichenes Spiel, in dem Schiedsrichter Michael Weiner schon früh
eine Hauptrolle übernahm. Erik Meijer bekam wie fast schon gewohnt die
meisten seiner Kopfballduelle abgepfiffen. Nach 13 Minuten hatte die Alemannia
die erste Torchance des Spiels. Alexander Bade parierte einen
14-Meter-Schlenzer von Cristian Fiel. Auf der anderen Seite sorgte Michael
Weiner mit einem lächerlichen Freistoßpfiff für die erste
07-Chance. Rainer Plaßhenrich soll Neu-Nationalspieler Lucas Podolsci
beim Kopfballduell gefoult haben, der aber eher vor spätpubertärer
Schwäche hingefallen war. Stephan Straub parierte sowohl den von
Podolsci selbst getretenen Freistoß als auch im Liegen den
anschließenden Flugkofpball von Carsten Cullmann. Direkt im Anschluss
an diese Szene begann die minutenlange One-Man-Show des Matthias Scherz, der
fußballerisch zwar wieder einmal rein gar nichts reißen konnte,
aber trotzdem im Alleingang das Spiel entschied. Zunächst ein Rempler
gefolgt von Diskussionen mit dem Schiedsrichter, der andeutete, Scherz bei
nächster Gelegenheit Gelb zu zeigen. Keine Minute später ein Foul
samt Nachtreten von Scherz gegen seinen ehemaligen Mannschaftskameraden Moses
Sichone; das Spiel lief weiter. Andrew Sincala warf sich in einen Schuss von
Stefan Blank und lenkte ihn zur Ecke. Die konnte Kai Michalke im ersten
Versuch wegen einer Rangelei zwischen Scherz und Stefan Blank nicht
ausführen. Im zweiten Versuch fuhr Scherz gegen Blank den Ellenbogen aus.
Blank ging zu Boden, Scherz sah zwar endlich die gelbe, nicht jedoch die rote
Karte. Elfmeter gab es korrekterweise nicht, da der Eckball noch nicht
ausgeführt worden war. Nun gab es erst einmal Rudelbildung, bevor die
Ecke im dritten Versuch ausgeführt werden konnte. Alexander Bade fing
die von Michalke zu nah ans Tor getretene Ecke ab, während Matthias
Scherz es sich nicht nehmen ließ, Stefan Blank von hinten mit beiden
Händen ins Tor zu schubsen. Hier hätte es Elfmeter geben
müssen, aber Schiedsrichter Weiner und sein Linienrichter hatten offenbar
gerade woanders hingeguckt. Stefan Blank reklamierte (noch ruhig) Elfmeter,
woraufhin er vehement von Lucas Sinciewicz und Alexander Voigt bedrängt
wurde. Blank rastete nun aus und schubste Alexander Voigt weg, der
theatralisch hinfiel. Wohlgemerkt schubste er ihn und schlug ihn nicht, was
nicht Rot, sondern Gelb nach sich ziehen sollte. Der folgende Platzverweis
war alles in allem ein ganz schlechter Scherz, denn eben der hätte bei
ähnlicher Regelauslegung schon längst vom Platz gestellt werden
müssen. Bei solcher Unverhältnismäßigkeit wurden bei
älteren Zuschauern Erinnerungen an unsägliche Zeiten eines Franz
Cremer wach, als die Alemannia in einigen Partien wie diesem
Pokalspiel von 1957 grob verpfiffen wurde. Objektiv
betrachtet möchte man dem Herrn Weiner nichts anderes unterstellen als
Unfähigkeit, aber diese Fehlentscheidung traf die Alemannia bitter. Mit
Spiel und Flug in den Knochen über 70 Minuten in Unterzahl zu spielen
konnte nicht gutgehen.
So ist der Rest des Spiels schnell erzählt. Die Alemannia hielt zu zehnt
bravourös dagegen und ging nach 25 Minuten sogar in Führung. Nach
Abschlag von Stephan Straub, gewonnenem Kopfballduell von Erik Meijer und
schönem Rückzieher von Sergio Pinto landete der Ball bei Kai
Michalke, der das Leder aus gut 20 Metern im Winkel unterbrachte. Mit der
Einwechslung von Thomas Stehle für Cristian Fiel kurz darauf spielte
Dieter Hecking schon früh auf Halten. Trotzdem war es die Alemannia,
die vor der Pause auf 2:0 hätte erhöhen können. Thomas Stehle
kam bei einem Freistoß von Kai Michalke frei zum Kopfball, traf aber den Ball
nicht richtig. Im zweiten Versuch brauchte Alexander Klitzpera zu lange, um
sich zu drehen und schoss schließlich nur das Bein von Carsten
Cullmann an.
Der bis dahin schwache KBC wechselte nun auch zwei Mal aus und kam nach
einer Stunde besser ins Spiel, als bei der Alemannia die Kräfte
allmählich nachließen. Nach einer Stunde unterband Andrew Sincala
einen Aachener Konter durch wiederholtes Trikotzupfen gegen Simon Rolfes, aber
es gab weder Gelb noch Freistoß. Rolfes fehlte vielleicht der
Nationalspielerbonus, denn das Foul von Moses Sichone an Lucas Podolsci im
direkten Anschluss wurde selbstverständlich gepfiffen. In der Reihe
"Typen, die die Welt nicht braucht, Teil 2" heulte sich nun Lucas
Podolsci trotz des Freistoßes beim Schiedsrichter aus (da seine Mutter
gerade nicht in der Nähe war). Schon beim Platzverweis war Podolsci
unangenehm aufgefallen, als er mit der Hand vor Stefan Blanks Gesicht
herumwedelte. Er wird in der Winterpause keine Probleme haben, sich bei
Bayern München einzuleben. Kurz nach dieser Szene führte gleich die
erste Konzentrationsschwäche in der Aachener Abwehr zum Ausgleich.
Carsten Cullmann wurde im Strafraum alleine gelassen, was dieser eiskalt
ausnutzte. Vier Minuten später war das Spiel nach einem groben Fehler
von Alexander Klitzpera gekippt, der sich verspekulierte, an einem Ball
vorbeirutschte und so Lucas Podolsci so frei zum Schuss kommen ließ,
dass selbst der nicht mehr danebenschießen konnte. Nun waren auch wieder
die mitgereisten Fans aus Sülz zu hören, die seit der 3. Spielminute
ruhig gewesen waren und nun allen Ernstes behaupteten "wir haben ein
Heimspiel in Aachen". Eine Viertelstunde vor dem Ende hätte
Matthias Scherz das Spiel entscheiden können, machte aber wieder einmal
deutlich, dass er mit dem Fuß nicht halb so geschickt ist wie mit dem
Ellenbogen, als er Stephan Straub eine Hereingabe von Guie-Mien aus fünf
Metern in die Arme schob. Im Gegenzug flog ein Freistoß von Kai
Michalke über Freund und Feind hinweg zum 2:2 ins Netz, Marius Ebbers
hatte den Ball noch leicht berührt.
Unserer Mannschaft, die toll gekämpft hatte, konnte man an diesem Tag
nur einen Vorwurf machen, nämlich, dass sie jetzt zu viel riskierte.
Sieben Minuten vor dem Ende war man zu weit aufgerückt, als Kai
Michalke den fatalen Fehlpass spielte. Albert Streit bediente mustergültig
Lucas Podolsci. Der scheiterte aus halblinker Position
an Stephan Straub, aber im Nachsetzen versprang Moses Sichone erst der Ball
und anschließend schoss er beim verspäteten Versuch zu klären
den hereinrutschenden Marius Ebbers an. Zwei ganz dicke Chancen, dem ganzen
doch noch eine Wende zum Guten zu geben, gab es noch. Zunächst gab es
nach einem Fallrückzieher am Mann von Guie-Mien 12 Meter vor dem
Cölner Tor indirekten Freistoß für die Alemannia. Thomas
Stehle traf hierbei nur den Rücken von Alexander Voigt. In der
Nachspielzeit holte Erik Meijer noch einen Freistoß 18 Meter vor dem
Tor raus. Es passte zum Spiel, dass Kai Michalke den Ball nicht ins Tor,
sondern gegen die Latte zirkelte.
Alles in allem ist die Niederlage mehr als unglücklich, zumal man selbst zu
zehnt beinahe noch einen Punkt geholt hätte. Zu elft hätte man das
Spiel gegen die überbezahlte Fahrstuhlmannschaft, die den
Vorschusslorbeeren in diesem Spiel nicht gerecht werden konnte, auch gewinnen
können, aber ein Polizist namens Michael Weiner machte der Alemannia
leider einen Strich durch die Rechnung - es sind Tage wie dieser, an denen
aus den hintersten Ecken der Plattensammlung Titel wie
"Bullenschweine" hervorgekramt werden. Was bleibt, ist die Vorfreude
aufs Rückspiel in der Hauptkampfbahn Müngersdorf, das nach den
gesehenen Leistungen durchaus gewonnen werden kann, sowie auf die Auslosung
zur Gruppenphase, hoffentlich mit Heimspielen gegen Feyenoord Rotterdam und
Besiktas Istanbul.