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Larusson - Saeversson, Nielsen, S. Gardarsson,
Bjarnason - Bett (69. Asgeirsson), J. Gardason,
Gudjonsson (46. Widarsson) -
Stefansson (56. A.V. Björnsson), Hallfredson, Borgvardt
(Halldorsson - Karkov, A.S. Björnsson, Leiffson / Johannesson) |
Straub - Landgraf, Klitzpera, Sichone (72. Stehle), Blank -
Plaßhenrich, Rolfes (46. Brinkmann), Fiel - Pinto, Michalke,
Meijer (68. Iwelumo)
(Nicht - Noll, Paulus, Bruns / Hecking) |
Ein halbes Jahr nach dem 1:0 gegen München Gladbach nahte endlich der
große Tag, auf den man so lange hingefiebert hatte: der erste Auftritt
der Alemannia im Europapokal. Rund 400 Aachener ließen es sich nicht
nehmen, trotz Preisen ab 500 Mark aufwärts diesem Ereignis beizuwohnen -
wesentlich mehr als einige Tage vorher in Unterhaching.
Die meisten hatten
das vom Verein subventionierte Angebot angenommen und für 339 Euro den
Tagesflieger gebucht. Ein paar Dutzend Alemannia-Fans wählten die
Option, verschiedene Routen per Billigflieger über London oder
Kopenhagen zu bereisen, mit dem Hintergedanken, etwas Zeit für Land und
Leute zu haben, wenn man schon 400 Euro ausgibt. Letztere Variante sollte sich
durchaus lohnen. Während die Hauptstadt selbst in wenigen Stunden zu
Fuß zu erkunden ist, bietet das Hinterland zahlreiche landschaftliche
Attraktionen, von 30 Meter hohen Geysiren, Wasserfällen, Fjorden,
heißen Quellen bis zu Vulkanen und Kraterseen. Am Tag vor dem Spiel
schien selbst der Geysir fest in schwarz-gelber Hand zu sein, ganz zu
schweigen von der Innenstadt Reykjavíks oder der Jugendherberge neben
dem Stadion.
Fußballerisch wusste niemand so recht, was zu erwarten war.
Fußball hat im kalten Island einen schweren Stand gegenüber etwa
Handball. Trotzdem hat das Land auch in dieser Hinsicht einiges zu bieten,
wie etwa das Damenfußballspiel in Akranes am Vorabend zeigte: ein
Stadion direkt am Meer, 22 meist bildhübsche und blonde Spielerinnen, und
Zuschauer, die das Spiel aus dem Auto heraus verfolgen und bei Toren per
Hupkonzert und Lichthupe Beifall zollen.
Der Gastgeber FH Hafnarfjördur war noch nie isländischer Meister,
braucht aber am letzten Spieltag, der am Wochenende nach dem UEFA-Cup-Spiel
ausgetragen wird, nur noch einen Punkt zur ersten Meisterschaft.
Hafnarfjördur ist ein kleines Hafenstädtchen 10 Kilometer vor
Reykjavík. Da das dortige Stadion zu wenige Sitzplätze für
das Spiel bot, musste der Verein wie auch die Alemannia ausweichen. So fand
die Begegnung im Nationalstadion Laugardalsvöllur statt, wo sonst Fram
Reykjavík sowie die isländische Nationalelf ihre Heimspiele
austragen. Das Interesse in Reykjavík war mäßig: 1514
Zuschauer wurden am Ende gezählt, die Gegengerade wurde gar nicht erst
geöffnet (bzw. Zuschauer, die sich dorthin verirrten, wurden von
gutaussehenden Ordnerinnen zurückgeschickt). So teilte sich die
Haupttribüne in eine Aachener und eine isländische Hälfte,
wobei auch Hafnarfjördur von einigen Dutzend sangesfreudigen,
trikot-tragenden, zumeist jugendlichen Fans unterstützt wurde. Die
Gegentribüne gehörte den in dieser Anzahl noch nie gesehenen,
kameragerecht aufgehängten Aachener Zaunfahnen.
Die Alemannia, mit Kai Michalke für den angeschlagenen Jens Scharping
angetreten, übernahm gleich nach dem Anpfiff das Kommando auf dem Rasen,
ebenso wie die Fans auf den Rängen. Die Stimmung war bereits jetzt
prächtig, die meisten waren allein davon überwältigt, mit
Alemannia an diesem Ort zu spielen. Schon früh deutete sich an, dass vor
allem die linke Abwehrseite der Isländer überfordert war. Eine
Hereingabe von Sergio Pinto wurde abgefangen, etwas später traf Pinto
nach Flanke von Stefan Blank den Ball nicht richtig. Auf der Gegenseite gab
es immerhin beim Stand von 0:0 eine Flanke in den Strafraum, die aber keinen
Abnehmer fand. Nach 12 Minuten konnte die Party dann richtig losgehen. Willi
Landgraf konnte auf der rechten Seite 35 Meter vor dem Tor völlig
unbehelligt flanken. Erik Meijer setzte sich beim Kopfball durch, und Kai
Michalke entwischte den Blicken seines Gegenspielers und denen des
Linienrichters. Frei vor dem Tor behielt er die Nerven und versenkte den
Ball im Tor. Rund 400 bange Blicke gingen zum Linienrichter, aber die Fahne
war tatsächlich unten geblieben. Nun gab es kein Halten mehr, bei
gestandenen (wenn auch betrunkenen) Alemannia-Fans flossen die ersten
Freudentränen. Während man sich noch in den Armen lag, zappelte der
Ball schon wieder im Netz. Sergio Pinto wurde auf der rechten Seite per
Doppelpass von Cristian Fiel freigespielt. Er legte den Ball zuräck
auf den Sechzehner, wo Kai Michalke den Ball direkt nahm und seinen zweiten
Treffer erzielte.
Der Rest des Spiels war Party; schon jetzt war klar, dass es mit dem Teufel
zugehen müsste, damit die bieder wirkenden Isländer dem Spiel noch
eine Wende geben sollten. Zu überlegen und gut spielte unsere Mannschaft.
Sergio Pinto, Cristian Fiel und Kai Michalke hatten weitere Chancen, z.T.
fing die Alemannia bereits an zu zaubern. Kurz vor dem Wechsel kam es noch
dicker für die Gastgeber. Willi Landgraf erlief einen langen Ball von
Alexander Klitzpera kurz vor der Torauslinie, und Erik Meijer spitzelte seine
Flanke zum 3:0 über die Linie.
Im zweiten Durchgang machte es den Eindruck, als würde die Alemannia
im Gefühl des sicheren Sieges einen Gang zurückstecken - im
Schongang durch den Europapokal, man konnte es immer noch nicht fassen.
Getrübt wurde die Freude in dieser Phase durch unnötigen Ärger
mit heimischen Fans und Polizei im Gästeblock - dabei waren die
Isländer sehr gute Gastgeber gewesen, die auch nach dem Spiel trotz des
Ergebnisses noch für das eine oder andere Korn zu haben waren und einem
an jeder Ecke ihre Glückwünsche aussprachen. Auch der Support der
heimischen Fans ließ trotz des Spielstandes in der zweiten Halbzeit
kaum nach. Kurz vor dem Ende fühlte sich unsere Mannschaft offenbar
etwas zu sicher, Björnsson nutzte eine Unachtsamkeit zum 1:3. Alexander
Klitzpera per Kopf nach Flanke von Kai Michalke stellte den alten Abstand
wieder her. Rainer Plaßhenrich erhöhte in der Nachspielzeit bei
weiter nachlassender Gegenwehr auf 1:5.
Die Alemannia hat damit die Gruppenphase so gut wie erreicht.
Hafnarfjördur konnte zwar schon in der Vorrunde in Dunfermline eine
verloren geglaubte Begegnung umbiegen, aber ein Kantersieg in Cöln ist
für diese Mannschaft mehr als utopisch (schließlich geht es nicht gegen
den FC). Das Erreichen der Gruppenphase ist ein Riesen-Erfolg für die
Alemannia, ein weiterer Schritt zur finanziellen Sanierung und ein erneuter
Grund zur Vorfreude für die Fans. Hoffentlich wird es nicht noch einmal
so teuer... Mit Alemannia nach Island zu fahren war in jedem Fall ein geiles
Erlebnis, das einem keiner mehr nehmen kann.