Mi, 16.01.02, Jerez de la Frontera:
Bor. Dortmund - ALEMANNIA 0:1 (0:0)
Lehmann - Wörns (74. Thorwart), Kohler (62. Madouni), Reuter (62. Stevic) - Heinrich (62. Metzelder), Ricken (74. Bugri), Kehl (78. Demel), Dede (79. Kringe) - Rosicky (62. Sörensen), Koller (62. Herrlich), Ewerthon (74. Krontiris)
(Trainer: Sammer)
Straub - Landgraf, Bediako, Heeren (69. Gunesch), Zernicke (46. Rudan) - Rauw (46. F. Schmidt), Lämmermann, Grlic (46. Rosin), Pflipsen (75. Bayock), Caillas - Xie Hui (69. Ivanovic)
(Trainer: Berger)

Zuschauer: 45 (5 aus Aachen)
Gelb: -

0:1 F. Schmidt (86.; Foulelfmeter; Bayock)











Während Aachen, Fürth, Ahlen, Waalwijk und die deutschen Jugendnationalmannschaften in La Barrosa dicht an dicht ihre Quartiere bezogen, stand den Verantwortlichen von Borussia Dortmund der Sinn nach Besserem. Direkt neben der ehemaligen Formel-1-Grand-Prix-Strecke von Jerez de la Frontera quartierte man sich im noblen Golfhotel Montecastillo ein und empfing dort zu zwei Testspielen Greuther Fürth und Alemannia Aachen. Die ganze Anlage war so penibel sauber gehalten, dass man es als mitgereister Auswärtsfan schwer hatte, irgendwo zwischen Fußballplatz, Loch 16 und Dortmunds Journalistentross einen Platz zum Pinkeln zu finden. Aber was soll's, wenn der ständige Lärm von irgendwelchen Motorrad-Testfahrten auf der Rennstrecke nicht reicht, um dem Laden den fünften Stern abzuerkennen, dann wird sich auch niemand an ein paar überdurchschnittlich bewässerten Palmen stören. Nicht nur das Ambiente erinnerte daran, dass der Gegner nicht Xerez oder Waalwijk hieß, sondern auch die 30-40 Journalisten, die über die Borussia berichteten (gegenüber zwei Alemannia-Berichterstattern). Immerhin gewannen wir das Zaunfahnenduell locker mit 7:1.
Die Dortmunder hatten ihr erstes Spiel mit 0:2 gegen Fürth verloren und nahmen die Angelegenheit entsprechend ernst. Außer dem desinteressiert unter seiner Kapuze herumlungernden Amoroso trat der ehemalige Champions-League-Sieger mit allen Stars an. Interessant, die Jungs mal aus der Nähe zu sehen. Dass Lars Ricken Jan Koller ungefähr bis zum Bauchnabel reicht, kommt im Fernsehen nie so gut rüber. Auch Tomas Rosicky ist aus der Nähe betrachtet sehr beeindruckend - dass er noch nicht vom Hotelpersonal von der Anlage verscheucht wurde, weil man ihn mit einem Autogramme sammelnden Kind verwechselte, ist alles. Immerhin traten alle Dortmunder sehr professionell und freundlich auf - mit Abstrichen sogar Jens Lehmann. Bei Alemannia kristallisierte sich allmählich eine Stammformation heraus. Straub im Tor, Landgraf und Zernicke außen in der Abwehr-Viererkette, Heeren im Abwehrzentrum, Rauw, Grlic und Pflipsen im zentralen Mittelfeld und Caillas auf der linken Außenbahn sind im Moment gesetzt. Auf den übrigen drei Positionen begannen gegen Dortmund Bediako im Abwehrzentrum, Lämmermann auf Rechtsaußen und Xie Hui in der Sturmspitze.
Dortmund begann hochüberlegen, hebelte spielerisch leicht die teilweise überforderte Aachener Abwehr aus - und versagte vor dem Tor ein ums andere Mal kläglich. Nachdem Koller und Ewerthon völlig freistehend Rückgaben auf Stephan Straub gespielt hatten, traf Koller nach Pass von Ewerthon mit einem sehenswerten Heber nur die Unterkante der Latte. Erst nach einer knappen halben Stunde bot sich Karlheinz Pflipsen die erste Schusschance für die Alemannia, nicht bevor Koller eine weitere Großchance in den Sand gesetzt hatte (was kostet der Mann eigentlich?). Mit fortschreitender Spieldauer bekamen die Aachener den Gegner etwas besser in den Griff, was Ivo Grlic etwas zu wörtlich nahm, als er von hinten nach dem Trikot des durchgebrochenen Rosicky griff - Glück für ihn, dass das Küchenpersonal (oder wer auch immer diesmal als Schiedsrichtergespann fungierte) sämtliche Augen zudrückte und keine Karte zückte.
In der zweiten Halbzeit konnten die Aachener zunächst gut mithalten. Ein Kopfball von Frank Schmidt nach Pflipsen-Ecke verfehlte das Tor ebenso wie auf beiden Seiten Schüsse von Rosicky und Pflipsen, die jeweils halbrechts aus ca. 16 Metern frei zum Schuss kamen. Dede aus 20 Metern und Ewerthon aus kurzer Distanz gegen den herausstürzenden Straub scheiterten noch für Dortmund, bevor sich die Alemannia bedingt durch Dortmunder Auswechslungen mehr und mehr Spielanteile erarbeitete. Im Laufe der zweiten Halbzeit wurden außer Torwart Jens Lehmann alle Dortmunder Stammspieler ausgewechselt und zum großen Teil durch Amateure ersetzt. Mark Rudan verfehlte (in seiner wohl vorerst letzten vielversprechenden Aktion für die Alemannia) mit einem Kopfball nach Ecke von Lämmermann das Tor, bevor fünf Minuten vor Schluss der eingewechselte Bayock im Strafraum umgerissen wurde. Frank Schmidt verwandelte den fälligen Elfmeter sicher zum etwas glücklichen 1:0-Siegtreffer.
Trotz einiger Anfangsprobleme bei der Alemannia und mit ca. 15 Grad vergleichsweise kalten Temperaturen insgesamt ein sehr zufriedenstellender Nachmittag. Die Journalisten freuten sich, dass sie nach der zweiten Niederlage des BVB ihre Story hatten und schrieben dankbar die Schimpftiraden des sichtlich erzürnten Susi Zorc mit, und wir freuten uns über den Sieg und die gelungene Show, die uns Chefcoach Berger mit seinen Zwischenrufen geboten hatte. Wenn Willi Landgraf einen Freistoß in die Wolken drosch und Berger besorgt nachfragte, ob ihm die spanische Luft nicht bekomme, hatte auch Matthias Sammer seinen Spaß, der die Angelegenheit insgesamt wesentlich gelassener zur Kenntnis nahm als Kollege Zorc. Schließlich war auch Olivier Caillas froh, in Jörg Heinrich einen neuen Freund gefunden zu haben, den er nach Herzenslust bepöbeln konnte: "Hast du immer noch nicht Fußballspielen gelernt, Fußball wird immer noch mit dem Fuß gespielt, nicht mit dem Mund" usw. Wenn Caillas uns nur nicht so vor dem Dortmunder Anhang blamiert hätte, als er Marco Zernicke quer über das Spielfeld zurief: "Geh doch mit, Mäuschen, ich bin da!" Die müssen ja gedacht haben, sie spielen gegen Cöln.

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