Fr, 13.12.02:
FC St.Pauli - ALEMANNIA 1:4 (0:1)
Bulat - Kolinger, Stanislawski, Gruszka - Held (46. Kurbjuweit), Rasiejewski, Inceman, Traub (74. Brückner) - Meier, Yang (60. Racanel), Patschinski
(Henzler - Lotter, Albrecht, Ofodile / Philipkowski)
Straub - Landgraf, Klitzpera, Bediako, Heeren (18. Zimmermann) - Bayock, Grlic, van der Luer, Pflipsen (78. F. Schmidt) - Spizak, Ivanovic (78. Keller)
(Memmersheim - Rosin, Ferl / Engel)

Zuschauer: 15537 (ca. 350 aus Aachen)
Gelb: -

0:1 Ivanovic (36.; Pflipsen)
0:2 Ivanovic (50.; Pflipsen, Spizak)
0:3 Bayock (51.; Grlic)
0:4 Ivanovic (73.; Spizak)
1:4 Kurbjuweit (88.)













Zum Abschluss der Hinrunde musste die Alemannia zum Bundesliga-Absteiger und Tabellenletzten der 2. Liga FC St.Pauli reisen. Für Gästefans sind Hamburg-Fahrten regelmäßig Kult, leider war es vielen Aachenern aufgrund des ungünstigen Freitagstermins unmöglich, die Fahrt anzutreten. Trotzdem war das Hotel Stern auf der Reeperbahn wieder einmal fest in Aachener Hand...
Nicht ganz so fest in der Hand hatte Hamburgs durchgeknallter Innensenator Schill die Lage rund ums Millerntor in letzter Zeit. Offenbar wurde vor dem Spiel ernsthaft eine Verlegung vom Freitagabend auf den Sonntagmorgen oder ähnlich unmögliche Termine erwogen. Dabei wirkte vor dem Spiel alles ganz friedlich. Die Fans des FC St.Pauli erwiesen sich als gewohnt gastfreundlich, im Vereinsheim konnte es einem passieren, dass man nicht nur Getränke, sondern direkt auch das Essen spendiert bekam. Trotz des hoffnungslos anmutenden Tabellenstandes und frostigen Temperaturen erschienen über 15000 - allerdings sehr resigniert wirkende - Zuschauer im Stadion. Im vergleichsweise spärlich gefüllten Gästeblock hatten die Aktiven Alemanniafans ein Spruchband "Lieber guter Fußball als schlechter Sex" vorbereiter, das zusammen mit einer aufblasbaren Gummipuppe hochgehalten wurde. Bei der Alemannia musste Frank Engel in seinem letzten Spiel als Interimstrainer ebenso auf den weiterhin angeschlagenen George Mbwando wie auch auf Quido Lanzaat verzichten, der sich eine Sprunggelenksverletzung zugezogen hatte. Zudem humpelte Henri Heeren nach nicht einmal 20 Minuten vom Platz. Während Edwin Bediako in der Innenverteidigung Lanzaat ersetzte, rückte Stürmer Mark Zimmermann für Heeren auf die linke Abwehrseite - nachdem er in Oberhausen noch Willi Landgraf auf der rechten Abwehrseite vertreten hatte.
Die Alemannia begann verhalten, der FC St.Pauli war die aktivere Mannschaft, ohne sich allerdings ganz große Torchancen erspielen zu können. Die Aachener Abwehr machte nicht wirklich einen sicheren Eindruck. Besonders Willi Landgraf hatte gegen Patschinski einige Schwierigkeiten, der dann auch nach knapp zehn Minuten den ersten gefährlicheren Schuss auf das Aachener Tor abfeuerte. Dann verfehlte Rasiejewski mit einem Freistoß aus 19 Metern das Tor nur knapp. Nach einer halben Stunde erreichte Stephan Straub eine Hereingabe von Patschinski im letzten Moment vor dem einschussbereiten Yang. Die erste gute Gelegenheit für die Alemannia hatte Miroslaw Spizak nach Anspiel von Karlheinz Pflipsen, aber sein Schuss aus 16 Metern geriet zu harmlos. Zehn Minuten vor der Pause hatte die Alemannia Platz zum Kontern, den der an diesem Tag überragende Karlheinz Pflipsen zu einem Sololauf von der Mittellinie nutzte. Torwart Bulat konnte seinen Flachschuss nur abklatschen, und Josef Ivanovic bewies seinen Torriecher und staubte mit seinem elften Saisontreffer zum 0:1 ab. Kurz vor dem Wechsel wurde Karlheinz Pflipsen nach schönem Pass von Ivica Grlic von Held gerade noch am Torschuss gehindert.
Die Pausenführung hatte sich die Alemannia bei geringeren Spielanteilen durch eine ungewohnt effektive Spielweise verdient. Nach der Pause brachen sich die bemitleidenswerten Gastgeber dann schnell selber das Genick. Nach einem üblen Fehlpass von Kolinger waren die Aachener mit 3 gegen 2 in Überzahl. Karlzheinz Pflipsen legte für Miroslaw Spizak auf. Der wollte eigentlich schießen und hatte Glück, dass Gruszka den Ball zum langen Pfosten abfälschte, wo wieder Josef Ivanovic stand. Während die Aachener Fans noch feierten, schickte Ivica Grlic Thierry Bayock mit einem langen Diagonalpass. Bayock ließ Gruszka aussteigen und schlenzte den Ball mit links in die lange Ecke. Damit war das Spiel gelaufen. Während die Stimmung im Gästeblock zwischen ausgelassener Freude und ungläubigem Staunen schwankte, war es im Rest des Stadions still wie selten. Die St.Pauli-Fans gaben ihre numnehr desolat auftretende Mannschaft komplett auf gingen dazu über, sich selbst zu feiern, Gesänge wie "2. Liga - nie mehr" anzustimmen, oder mit Aachener Fans La Ola zu proben. Karlheinz Pflipsen hatte jeweils nach Pass von Grlic sogar zweimal freistehend die Chance zum 0:4. Dann setzte Miroslaw Spizak zu einem unwiderstehlichen Solo über 70 Meter an, das er mit einem Querpass auf Josef Ivanovic abschloss. Der erzielte seinen dritten Treffer und führt nun zusammen mit Andrej Woronin die Torjägerliste der zweiten Liga an. Kurz vor Schluss erzielte Tobias Kurbjuweit mit einem herrlichen Distanzschuss den selbst von den euphorischen Aachener Fans gefeierten Ehrentreffer.
Der FC St.Pauli war wie ein Absteiger aufgetreten, und die Alemannia hatte die Schwächen der Gastgeber eiskalt ausgenutzt und dabei in der zweiten Halbzeit teilweise wunderschönen Konterfußball gespielt. Kalrheinz Pflipsen machte sein bestes Saisonspiel, auch Ivica Grlic konnte im Mittelfeld überzeugen, ebenso wie beide Sturmspitzen sowie auf der rechten Seite Thierry Bayock. Die mitgereisten Fans wussten gar nicht, wie ihnen geschah - vier Tore bei einem Auswärtsspiel hatte die Alemannia zuletzt im September 1997 erzielt - der damalige Gegner Traktor Teveren war ähnlich schwach wie an diesem Tag St.Pauli und kämpft heute gegen den Absturz in die Landesliga. Ganz so schlimm wird es für den FC St.Pauli hoffentlich nicht enden, aber der Abstieg in die Regionalliga wird nur ganz schwer zu vermeiden sein. Für einige neugierige Aachener Fans blieb noch die Frage: was genau heißt "Bambule"? Anschauungsunterricht gab es an diesem Abend keinen. Nach dem Spiel zogen einige Hundert Demonstranten vom Stadion aus über die Reeperbahn, von beinahe ebenso vielen Polizisten verfolgt, aber in Ruhe gelassen. Es flogen weder Steine noch kamen die Wasserwerfer zum Einsatz - noch nicht einmal die Aachener Fans wurden mit Pfefferspray belästigt. Die Alemannia kann sich nun auf eine schöne Weihnachtsfeier freuen. Mit 29 Punkten ist man oben mit dabei und dürfte den Klassenerhalt schon jetzt so gut wie sicher haben.



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