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Bulat - Kolinger, Stanislawski, Gruszka -
Held (46. Kurbjuweit), Rasiejewski, Inceman,
Traub (74. Brückner) - Meier, Yang (60. Racanel),
Patschinski
(Henzler - Lotter, Albrecht, Ofodile / Philipkowski) |
Straub - Landgraf, Klitzpera, Bediako,
Heeren (18. Zimmermann) - Bayock, Grlic, van der Luer,
Pflipsen (78. F. Schmidt) - Spizak, Ivanovic (78. Keller)
(Memmersheim - Rosin, Ferl / Engel) |
Zum Abschluss der Hinrunde musste die Alemannia zum Bundesliga-Absteiger und
Tabellenletzten der 2. Liga FC St.Pauli reisen. Für Gästefans sind
Hamburg-Fahrten regelmäßig Kult, leider war es vielen Aachenern
aufgrund des ungünstigen Freitagstermins unmöglich, die Fahrt
anzutreten. Trotzdem war das Hotel Stern auf der Reeperbahn wieder einmal
fest in Aachener Hand...
Nicht ganz so fest in der Hand hatte Hamburgs durchgeknallter Innensenator
Schill die Lage rund ums Millerntor in letzter Zeit. Offenbar wurde vor dem
Spiel ernsthaft eine Verlegung vom Freitagabend auf den Sonntagmorgen oder
ähnlich unmögliche Termine erwogen. Dabei wirkte vor dem Spiel alles
ganz friedlich. Die Fans des FC St.Pauli erwiesen sich als gewohnt
gastfreundlich, im Vereinsheim konnte es einem passieren, dass man nicht nur
Getränke, sondern direkt auch das Essen spendiert bekam. Trotz des
hoffnungslos anmutenden Tabellenstandes und frostigen Temperaturen erschienen
über 15000 - allerdings sehr resigniert wirkende - Zuschauer im Stadion.
Im vergleichsweise spärlich gefüllten Gästeblock hatten die
Aktiven Alemanniafans ein Spruchband "Lieber guter Fußball als
schlechter Sex" vorbereiter, das zusammen mit einer aufblasbaren
Gummipuppe hochgehalten wurde. Bei der Alemannia musste Frank Engel in seinem
letzten Spiel als Interimstrainer ebenso auf den weiterhin angeschlagenen
George Mbwando wie auch auf Quido Lanzaat verzichten, der sich eine
Sprunggelenksverletzung zugezogen hatte. Zudem humpelte Henri Heeren nach
nicht einmal 20 Minuten vom Platz. Während Edwin Bediako in der
Innenverteidigung Lanzaat ersetzte, rückte Stürmer Mark Zimmermann
für Heeren auf die linke Abwehrseite - nachdem er in Oberhausen noch
Willi Landgraf auf der rechten Abwehrseite vertreten hatte.
Die Alemannia begann verhalten, der FC St.Pauli war die aktivere Mannschaft,
ohne sich allerdings ganz große Torchancen erspielen zu können.
Die Aachener Abwehr machte nicht wirklich einen sicheren Eindruck. Besonders
Willi Landgraf hatte gegen Patschinski einige Schwierigkeiten, der dann auch
nach knapp zehn Minuten den ersten gefährlicheren Schuss auf das Aachener
Tor abfeuerte. Dann verfehlte Rasiejewski mit einem Freistoß aus 19
Metern das Tor nur knapp. Nach einer halben Stunde erreichte Stephan Straub
eine Hereingabe von Patschinski im letzten Moment vor dem einschussbereiten
Yang. Die erste gute Gelegenheit für die Alemannia hatte Miroslaw Spizak
nach Anspiel von Karlheinz Pflipsen, aber sein Schuss aus 16 Metern geriet zu
harmlos. Zehn Minuten vor der Pause hatte die Alemannia Platz zum Kontern,
den der an diesem Tag überragende Karlheinz Pflipsen zu einem Sololauf
von der Mittellinie nutzte. Torwart Bulat konnte seinen Flachschuss nur
abklatschen, und Josef Ivanovic bewies seinen Torriecher und staubte mit
seinem elften Saisontreffer zum 0:1 ab. Kurz vor dem Wechsel wurde Karlheinz
Pflipsen nach schönem Pass von Ivica Grlic von Held gerade noch am
Torschuss gehindert.
Die Pausenführung hatte sich die Alemannia bei geringeren Spielanteilen
durch eine ungewohnt effektive Spielweise verdient. Nach der Pause brachen
sich die bemitleidenswerten Gastgeber dann schnell selber das Genick. Nach
einem üblen Fehlpass von Kolinger waren die Aachener mit 3 gegen 2 in
Überzahl. Karlzheinz Pflipsen legte für Miroslaw Spizak auf. Der
wollte eigentlich schießen und hatte Glück, dass Gruszka den Ball
zum langen Pfosten abfälschte, wo wieder Josef Ivanovic stand.
Während die Aachener Fans noch feierten, schickte Ivica Grlic Thierry
Bayock mit einem langen Diagonalpass. Bayock ließ Gruszka aussteigen
und schlenzte den Ball mit links in die lange Ecke. Damit war das Spiel
gelaufen. Während die Stimmung im Gästeblock zwischen ausgelassener
Freude und ungläubigem Staunen schwankte, war es im Rest des Stadions
still wie selten. Die St.Pauli-Fans gaben ihre numnehr desolat auftretende
Mannschaft komplett auf gingen dazu über, sich selbst zu feiern,
Gesänge wie "2. Liga - nie mehr" anzustimmen, oder mit
Aachener Fans La Ola zu proben. Karlheinz Pflipsen hatte jeweils nach Pass
von Grlic sogar zweimal freistehend die Chance zum 0:4. Dann setzte Miroslaw
Spizak zu einem unwiderstehlichen Solo über 70 Meter an, das er mit
einem Querpass auf Josef Ivanovic abschloss. Der erzielte seinen dritten
Treffer und führt nun zusammen mit Andrej Woronin die Torjägerliste
der zweiten Liga an. Kurz vor Schluss erzielte Tobias Kurbjuweit mit einem
herrlichen Distanzschuss den selbst von den euphorischen Aachener Fans
gefeierten Ehrentreffer.
Der FC St.Pauli war wie ein Absteiger aufgetreten, und die Alemannia hatte
die Schwächen der Gastgeber eiskalt ausgenutzt und dabei in der zweiten
Halbzeit teilweise wunderschönen Konterfußball gespielt.
Kalrheinz Pflipsen machte sein bestes Saisonspiel, auch Ivica Grlic konnte im
Mittelfeld überzeugen, ebenso wie beide Sturmspitzen sowie auf der
rechten Seite Thierry Bayock. Die mitgereisten Fans wussten gar nicht, wie
ihnen geschah - vier Tore bei einem Auswärtsspiel hatte die Alemannia
zuletzt im September 1997 erzielt - der damalige Gegner Traktor Teveren war
ähnlich schwach wie an diesem Tag St.Pauli und kämpft heute gegen
den Absturz in die Landesliga. Ganz so schlimm wird es für den FC
St.Pauli hoffentlich nicht enden, aber der Abstieg in die Regionalliga wird
nur ganz schwer zu vermeiden sein. Für einige neugierige Aachener Fans
blieb noch die Frage: was genau heißt "Bambule"?
Anschauungsunterricht gab es an diesem Abend keinen. Nach dem Spiel zogen
einige Hundert Demonstranten vom Stadion aus über die Reeperbahn, von
beinahe ebenso vielen Polizisten verfolgt, aber in Ruhe gelassen. Es flogen
weder Steine noch kamen die Wasserwerfer zum Einsatz - noch nicht einmal die
Aachener Fans wurden mit Pfefferspray belästigt. Die Alemannia kann sich
nun auf eine schöne Weihnachtsfeier freuen. Mit 29 Punkten ist man oben
mit dabei und dürfte den Klassenerhalt schon jetzt so gut wie sicher
haben.